Tad api bahir-angam nirbîjasya
तदपि बहिरङ्गं निर्बीजस्य
Nirbija bededeut „ohne Samen“, andere übersetzen auch „keimlos“ - ein weiter Ausdruck für Nirvikalpa Samadhi. Dies ist eine ganz andere Vertiefung als der “normale” Samadhi, wie er in Samyama auf Objekte angewendet wird.
Patanjali stellt also klar: Samyama und all die wunderbaren Möglichkeiten daraus sind noch nicht das Ziel des Yoga. Der Aspirant muss darüber hinaus gelangen, will er wahre Freiheit erfahren. Im Artikel nähern wir uns an eine Vorstellung dieses Zustandes an.
1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits
Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:
- Tat = das; dieses;
- Api = auch; wiederum; sogar; in der Tat;
- Bahi, bahir = äußerlich; außen;
- Angam, aṅga = Stufe; Glied; Teil;
- Nirbija, nirbīja, nirbîjasya = samenlos; ohne Samen; zu einem samenlosen Zustand gehörend; hier: im Vergleich mit Nirbija-Samadhi;
Zu den Quellen
Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:
Bücher
- Mircea Eliade: Yoga – Unsterblichkeit und Freiheit
- Iyengar: Der Urquell des Yoga
- Deshpande/Bäumer: Die Wurzeln des Yoga
- Geraldine Coster: Yoga und Tiefenpsychologie
- R. Sriram: Von der Erkenntnis zur Befreiung – Das YogaSutra
- Govindan: Die Kriya Yoga Sutras des Patanjali
- Mallinson/Singleton: Roots of Yoga
- R. Palm: Der Yogaleitfaden des Patañjali
- T.K.V. Desikachar: Über Freiheit und Meditation | Das Yoga Sutra von Patanajali
- Feuerstein, Georg: Die Yoga Tradition (Amazon)
- Skuban, Ralph: Patanjalis Yogasutra (Amazon)
- Sri Swami Satchidananda: The Yoga Sutras of Patanjali (Amazon)
- Trevor Leggett: The complete Commentary by Sankara on the Yoga-Sutras* (Amazon)
Internetseiten
- Internet-Übersetzung des Yogasutras auf Yoga-Vidya.de
- Zu den Sutras auf ashtangayoga.info
- Zu den Sutras auf 12koerebe.de
- Zu den Sutras auf vedanta-yoga.de
- Openland.de (mittlerweile offline)
- Zu www.bodhi.sofiatopia.org (buddhistische Kommentare zum Yogasutra nur noch als Buch)
- sanskrit-sanscrito.com (Sutras anscheinend entfernt)
- Zur Übersetzung von Chip Hartranft (PDF)
- Die Übersetzung von Hariharananda Aranya, I. K. Taimni, Vasa Houston, Barbara Miller, Swami Satchidananda, Swami Prabhavananda, Swami Vivekananda finden sich auf dieser Seite.
- Übersetzung von James Haughton Woods
- Rainbowbody.com (ausführliche und eigene Kommentierung)
- Wisdom Library
Dein Übersetzungsvorschlag
Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.
Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?
Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)
3. Wo wir stehen
Das Yogasutra von Patanjali ist ein grundlegender Text des klassischen Yoga und besteht aus vier Kapiteln. Das dritte Kapitel, auch als Vibhuti Pada bekannt, konzentriert sich auf die erstaunlichen Kräfte, die durch die Meisterung der Yogapraxis erlangt werden sollen. Hier wird das Konzept der Samyama eingeführt, einer fortgeschrittenen Technik, die aus drei aufeinander aufbauenden Stufen besteht: Dharana (Konzentration) in Sutra 3.1, Dhyana (Meditation) in Sutra 3.2 und Samadhi (kontemplative Versenkung) in Sutra III-3. In Sutra III-4 werden Dharana, Dhyana und Samadhi zu Samyama zusammengefasst.
In Sutra III-8 stellt Patanjali klar, dass der Yogi zur Erlangung der Erleuchtung über samyama hinausgehen muss.
4. Äußerliche und samenlose Versenkung
Mit "äußerlich" ist hier das äußere Glied der Samyama-Praxis gemeint, die aus Konzentration (Dharana), Meditation (Dhyana) und Versenkung (Samadhi) besteht. Im Sinne dieser Sutra sind alle 8 Stufen des Ashtanga-Yoga noch als “äussere Glieder” zu verstehen.
Das Ziel des Yoga ist ein stiller Geist, siehe dazu Yoga-Sutra I-2. Patanjali empfiehlt hierfür dem achtfachen Pfad zu folgen:
- Yama – 5 ethische Verhaltensregeln
- Niyama – 5 Regeln der Selbstdisziplin
- Asana – Körperstellungen, bei Patanjali nur Sitzhaltungen
- Pranayama – Atemübungen zur Atemkontrolle
- Pratyahara – Zurückziehen der Sinne nach innen
- Dharana – Konzentration auf ein einzelnes Objekt
- Dhyana – Meditation; Ziel: die Stille
- Samadhi – Nach längerer Stille und innerer Entwicklung kommt es zum Überbewusstsein, zu völliger Selbsterkenntnis; Erleuchtung
Wichtig: Alle Stufen sind wichtig und notwendig zur Erreichung des Yoga-Zieles. Also auch Yama und Niyama nicht vergessen ;-)
➔ Hintergründe und alte Schriften zum achtfachen Pfad des Raja Yoga
Die letzten drei Stufen/Glieder nähern sich aber schon dem innerlichen Pfad an, aber erst die “samenlose Versenkung” gehe mit dem Yoga-Ziel nach Befreiung und Erleuchtung einher.
Im Yogasutra ist von vielen Samadhi-Stufen die Rede. Man kann sagen, dass die “unteren” Samadhi-Zustände in Samyama sich noch mit einem Objekt befassen und zu großen Einsichten führen. Aber erst die höheren Samadhi-Zustände ohne ein Objekt (Samen) führen zu Erleuchtung und Befreiung.
5. Was meint “samenloser Zustand”? Nirbija Samadhi
Die samenlose Versenkung (Nirbija Samadhi) bezieht sich auf einen Zustand tiefer Versenkung, in dem keine Samen (Bijas) der geistigen Aktivität mehr vorhanden sind. R. Sriram bezeichnet sie als die “große innere Stille” und als “die höchste Stufe von Yoga”. Diese sei “subtiler als der Meditationszustand” (S. 167).
Iyengar beschreibt den samenlosen Samadhi (S. 225) als “... unmittelbare Schau der Seele”.
Sukadev schreibt: “Nirbija, ohne Samen, ist ein anderer Ausdruck für asamprajnata samadhi und nirvikalpa samadhi.” Samyama selbst, so Sukadev, führt nicht bis zum samenlosen Zustand bzw. Nirvikalpa (= ohne Gedanken) Samadhi bzw. Nirbija (= ohne Samen) Samadhi, sondern (nur) bis zu samprajnata Samadhi.
Jenseits von Samyama ist dann Nirbija, der samenlose Zustand. Dieser wird in Sutra I-2 erläutert:
Yoga Sutra I-17: Vollkommene Erkenntnis - saṁprajñāta - wird beim Durchlauf von Ahnung, Erfahrung, Freude und Einheitswahrnehmung [in der Meditation] gewonnen
Beitrag: Samadhi - Einführung, Stufen, Meditationstipps
Samadhi - Einführung, Stufen, Meditationstipps
Samadhi ist das letzte Glied im achtfachen Yogapfad und soll mit fantastischen Erlebnissen einhergehen. Doch was passiert beim Samadhi genau, wie kann ich mir diesen Zustand vorstellen? In den Yogasutras und anderen Schriften wird Samadhi zur Verdeutlichung recht dezidiert in mehrere Stufen unterteilt. Dieser Artikel beschreibt bekannte Unterteilungen und nennt mögliche Meditationsobjekte für die jeweiligen Samadhi-Stufen. Eine Auswahl an Videos zum Thema Samadhi will das Verständnis vertiefen.
Auf Rainbowbody ist zu lesen: “Alle Praktiken und vorherigen Glieder, sogar Samyama, verblassen im Hinblick auf die endgültige und erhabenste Verwirklichung von Nirbija Samadhi (Samadhi ohne Abschwächung oder Verlust), wo der Yogi kontinuierlich im großen Kontinuum verweilt – der gesamten Vollendung. Es ist dieser integrierte Zustand von sat-cit-ananda, von dem alles ausgeht, verweilt und aufhört, von dem solches samyama ausgeht. Dies ist auch das Reich der Mahasiddhas, Rishi, Heiligen, vollendeten Yogis, Bodhisattvas, Munis und Buddhas.”
6. Wie gelange ich in den samenlosen Zustand?
Viele Kommentatoren schreiben, dass Dharana, die Konzentration, die letzte Stufe des Yoga-Pfades ist, die der Yogi willentlich beeinflussen kann. Alles danach, selbst die Meditation, geschieht, wenn die Bedingungen es erlauben. Auch der Übergang vom Samadhi-mit Objekt zum samenlosen Zustand. Wim van den Dungen: “Wenn der Herr es für richtig hält, geschieht auf der Grundlage der samenhaften Vereinigung die samenlose Vereinigung.”
Auf Rainbowbody ist es so formuliert: “Durch längeres Sitzen in ungestütztem, nicht-dualem, formlosem Dhyana, das zu vollständiger Absorption (Samadhi) führt, verbrennt man die vergangenen negativen Samen und reinigt vergangenes Karma, Samskaras, Konditionierungen, Störungen des Bewusstseinsfeldes und öffnet die Energiekanäle für die endgültige große Vollendung/Ganzheit (Befreiung) in Nirbija Samadhi.“
R. Palm meint (S. 141): “Ob eine dieser Stufen [des achtfachen Yoga-Pfades] zum nirbija-samadhi führt, beantwortet diese Sutra nicht. Fest steht nur, dass es weiter nach innen geht.”
7. Kommentar von Vyasa zu Sutra 3.8
Erläuterungen zu Vyasa
Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Dieses Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar. Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.
Du siehst etwas anders, hast einen Fehler gefunden oder möchtest etwas ergänzen? Bitte schreibe dies unten bei "Ergänzungen von dir".
Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.
Vyasa schreibt: “Sogar diese dreifache Methode [er meint Samyama] ist, obwohl sie das direkte Mittel (zum kognitiven Samadhi mit Samen) ist, nur eine indirekte Methode, was den nicht gesäten Yoga betrifft. Warum ist das so? Weil dieser auch ohne sie zustande kommt.”
Shankara erläutert diese Aussage: “Yoga [gemeint ist das Ziel des Yogaweges: Geistesruhe/Erleuchtung/Befreiung] kann auch ohne die fünffachen Mittel der Zurückhaltung usw. [also die Yamas, Niyamas etc.] bewirkt werden, allein durch die Vollendung der Triade von Konzentration, Meditation und Samadhi, durch die Kraft der Samskaras, die in einem früheren Leben angesammelt wurden, wie im Fall der unkörperlichen Götter und derer, die in Prakrti aufgelöst wurden.
Aber ohne diese Triade ist Yoga für niemanden möglich, denn Yoga ist im Wesentlichen mit dem Wirken von Konzentration und den beiden anderen verbunden. Denn das Wesen des Yoga ist die Vervollkommnung des Geistes.
Aber wenn Wissen (jhñana) und Losgelöstheit vervollkommnet sind, dann gibt es keine Probleme mit Konzentration und so weiter. So gibt es Fälle von Menschen wie Maṅki und Piṅgalā, die allein durch Losgelöstheit volle Vollkommenheit erlangten.
Die Beherrschung einer festen Sitzhaltung oder andere Anweisungen des Yoga sind im Falle von abgelenkten Menschen nicht produktiv für Yoga.
Die Beseitigung der Defekte (... des Menschen, bzw. dessen Unvollkommenheiten) und Samadhi – diese beiden werden ihn mit Sicherheit hervorbringen, und nichts anderes wird es.”
Vyasa schreibt in seinem Kommentar weiter: “Selbst das ist eine indirekte Methode (bahir-aṅga) in Bezug auf nicht gesätes (Yoga). Selbst das, obwohl es das direkte Mittel zum gesäten Yoga ist, ist ein indirektes Mittel in Bezug auf das nicht gesäte Yoga. Warum ist das so? Weil es auch ohne ihn zustande kommt.”
Shankara erläutert auch diese Worte: “Durch das Erkennen der Unterscheidung zwischen Geist-Sattva und Puruṣa entsteht das samenlose Yoga, selbst wenn das dreifache direkte Mittel für das Gesäte fehlt; die Triade ist also nur ein indirektes Mittel (für das Samenlose). Es gibt einige, die schon bei ihrer Geburt eine außerordentlich durchdringende Vision haben, die aus saṃskāras (aus vergangenen Leben) stammt. In ihrem Fall wird ungesätes samādhi durch einfache Hingabe an die Praxis der höchsten Losgelöstheit und die Idee des Anhaltens (virāma-pratyaya) erzeugt, und sie beschäftigen sich nicht mit Konzentration und Meditation und samādhi. So wurde es gesagt (Vyāsa zu Sutra II-1):
'Der Yoga für einen konzentrierten Geist ist beschrieben worden; nun wendet er sich der Frage zu, wie ein extrovertierter Geist im Yoga beständig werden kann', und (Sutra I-19): "(Es ergibt sich aus der Geburt) im Falle der Götter und derer, die sich in die Natur vertiefen.”
Vyasa schreibt in seinem Kommentar zu dieser Sutra weiter: “Was ist nun in Zeiten der Hemmung des Geistes diese hemmende Transformation? Denn der Geist soll ja etwas sein, das sich bewegt, angetrieben von den guṇas.”
Shankara erläutert djese Worte: “Zu Zeiten der Hemmung des Geistes: Das bedeutet, zu den Zeiten, in denen der Geist durch die Praxis der Hemmung gehemmt wird. Der Plural "Zeiten" wird verwendet, um zu zeigen, dass dies gleichermaßen für geistige Prozesse in der Vergangenheit, der Zukunft oder der Gegenwart gilt. Zum Zeitpunkt der Hemmung ist der Geist mit dem Charakter der Hemmung durchdrungen und wird (als) gehemmt bezeichnet.
Er bewegt sich, weil er von den guṇas angetrieben wird: da er aus guṇas besteht, sagt man, dass er von guṇas angetrieben wird. Er fragt also, was ist dann diese hemmende Transformation?
Es muss unweigerlich eine Transformation des Geistes geben, wenn er von äußeren mentalen Prozessen gehemmt wird, denn es könnte keine Hemmung eines Geistes postuliert werden, der niemals transformiert wäre, sondern einfach unveränderlich wie Puruṣa.”
8. Anwendung von Sutra III-8 im Alltag
- Regelmäßige Meditation: Durch regelmäßige Meditation können wir lernen, unseren Geist zur Ruhe zu bringen und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.
- Achtsamkeit im täglichen Leben: Indem wir achtsam unseren Alltag gestalten, können wir auch außerhalb der Meditation unseren Geist beruhigen und uns auf das Hier und Jetzt fokussieren.
- Yoga-Praxis: durch die Kombination von Atemübungen, Körperstellungen und Meditation können wir unseren Geist klären und uns dem Zustand der samenlosen Versenkung annähern.
Weitere konkrete Ideen im Artikel zu Sutra III-4.
Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung
9. Parallelen in anderen Philosophien
9.1. Abendländische Philosophie
Meister Eckhart, ein deutscher Mystiker des 14. Jahrhunderts, spricht von einem Zustand der "Gelassenheit", der dem Zustand der samenlosen Versenkung im Yoga ähnlich ist. “Mit seiner Wortschöpfung gelâzenheit stellte Meister Eckhart … ein Konzept zur Verfügung, das die Vielschichtigkeit eines Sachverhalts anzeigt, in dem Ruhe, Versenkung,
Anbetung, Demut, Hingabe und … auch Weisheit mitschwingen und welcher schließlich in der Erfahrung der Einheit mit Gott kulminiert.” (Quelle: https://core.ac.uk/download/pdf/144214851.pdf)
9.2. Asiatische Philosophie
- Im Daoismus, einer chinesischen Philosophie, ist das Konzept des Wu Wei (Nicht-Handeln) von zentraler Bedeutung und ähnelt in seiner fortgeschrittensten Form in gewisser Weise der Idee der samenlosen Versenkung im Yoga.
- Im Zen-Buddhismus ist der Zustand des "Nicht-Denkens" ein zentrales Element der Praxis und kann als Parallele zur samenlosen Versenkung gesehen werden.
- Die japanische Philosophie des "Shoshin" (Anfängergeist) hat Ähnlichkeiten mit der Idee der samenlosen Versenkung, indem sie einen offenen, unvoreingenommenen Geisteszustand betont.
9.3. Parallelen im Buddhismus
Der Zustand des Nirvana im Buddhismus entspricht in gewisser Weise dem Zustand der samenlosen Versenkung im Yoga.
Die buddhistische Praxis des Vipassana, eine Form der Achtsamkeitsmeditation, hat zum Ziel, den Geist von allen Verunreinigungen zu befreien und kann als Parallele zur samenlosen Versenkung betrachtet werden.
Im tibetischen Buddhismus wird die Praxis des Mahamudra als eine Methode betrachtet, die zu einem ähnlichen Zustand wie der samenlosen Versenkung führt.
Siehe auch die Erläuterungen zu den Parallelen im Artikel zu Sutra III-4.
9.4. Parallelen in anderen bekannten Yogatexten
- Bhagavad Gita: In der Bhagavad Gita (6.12) wird der Praktizierende aufgefordert, alle geistigen Aktivitäten zur Ruhe zu bringen, was eine Parallele zur samenlosen Versenkung in Sutra III-8 darstellt. Dies ist nur ein Beispiel von vielen aus der Gita.
- Hatha Yoga Pradipika: In diesem klassischen Yogatext wird ebenfalls die Bedeutung der geistigen Kontrolle und der Sammlung des Geistes betont, die mit der Praxis der samenlosen Versenkung in Verbindung steht
- Yoga Vasistha: In diesem umfangreichen Yogatext wird der Zustand der "Turiya", ein Zustand jenseits von Wachen, Träumen und Tiefschlaf, beschrieben, der dem Zustand der samenlosen Versenkung ähnelt.
9.5. Parallelen in anderen spirituellen Traditionen
- Christentum: Die kontemplative Praxis des "Hesychasmus" - eine Form von Spiritualität, die im Mittelalter von orthodoxen byzantinischen Mönchen entwickelt wurde – ähnelt in gewisser Weise der Praxis der samenlosen Versenkung im Yoga. Mehr dazu erfährst du auf Wikipedia.
- Sufismus: Die Sufis, eine mystische Strömung innerhalb des Islam, praktizieren Formen der Meditation und Kontemplation, die dem Zustand der samenlosen Versenkung nahekommen.
- Kabbala: In der jüdischen Kabbala gibt es Praktiken der Meditation und Kontemplation, die darauf abzielen, den Geist von allen Ablenkungen zu befreien und sich ganz auf das Göttliche zu konzentrieren, was Parallelen zur samenlosen Versenkung im Yoga aufweist.
10. Sutras mit ergänzendem Inhalt
Yoga Sutra I-16: Das Nichtbegehren nach den Elementen der Erscheinungswelt führt zur Wahrnehmung des wahren Menschen, des Purushas - die höchste Form der Verhaftungslosigkeit
Yoga Sutra I-17: Vollkommene Erkenntnis - saṁprajñāta - wird beim Durchlauf von Ahnung, Erfahrung, Freude und Einheitswahrnehmung [in der Meditation] gewonnen
Yoga Sutra I-18: Ein weiterer Zustand des Samadhi - Virama Pratyaya - ist nach intensiver Übung erreicht, wenn alle geistigen Aktivitäten aufhören und nur (ein Rest) unmanifestierter Eindrücke im Geist (eine Form der Leere) verbleiben
Yoga Sutra I-41: Für den, der die Bewegungen des Geistes auf ein Minimum reduziert, verschmelzen Wahrnehmender, Wahrgenommenes und Wahrnehmung, so wie ein Kristall Form und Farbe eines Hintergrundes reflektiert. Das ist Samapatti (Verschmelzung).
Yoga Sutra I-42: Samapatti erfolgt in vier Stufen. Stufe 1: Wenn Samapatti mit Wortwissen, Schlussfolgerungen und Vorstellungen durchsetzt ist, wird es Savitarka Samapatti genannt
Yoga Sutra I-43: Stufe 2 von Samapatti: Wenn die Erinnerungen und Prägungen völlig gereinigt sind, als ob dessen eigene Form schwindet, nur noch das (Meditations-)Objekt erstrahlt, ist Nirvitarka (Samapatti/Samadhi) erreicht.
Yoga Sutra I-44: Stufe 3 und 4 von Samapatti Samadhi: So wie in den vorherigen Stufen (Savitarka und Nirvitarka) die verschmelzende Erkenntnis mit gröberen Objekten erfolgt, so wird auch Samapatti mit feinstofflichen, subtilen Objekten beschrieben. Diese
Yoga Sutra I-45: Die Meditation über das Subtile kann soweit verfeinert werden, dass sie sich bis zum Unmanifestierten erstreckt, zu Prakrti, der feinstofflichsten Ursache
Yoga Sutra III-13: Durch die transformierenden Prozesse erklären sich die Veränderungen in der Form, der Zeit und dem Zustand der Elemente und der Sinnesorgane
11. Ergänzungen und Fragen von dir
Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?
Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:
12. Videos zu Sutra III-7
Sukadev zur Sutra III-4 bis III-8
Länge: 25 Minuten
Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.
Video von Asha Nayaswami zur Sutra
Asha Nayaswami zu Sutra III-7 bis III-8
Länge: 72 Minuten
Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.
13. Beliebt & gut bewertet: Bücher zum Yogasutra
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13.1. Alte Schriften auf Yoga-Welten.de
- Das Yogasutra – jede Sutra detailliert erläutert
- Die Hatha-Yoga-Pradipika – kapitelweise zusammengefasst
- Zusammenfassung der Bhagavad-Gita
- Eine kurze Zusammenfassung der Upanishaden und des Mahabharata
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- Die Gheranda Samhita – kapitelweise zusammengefasst
- Yoga in der Bhagavad Gita – die bunte Vielfalt
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