innen roehre 250Trayam-antarangaṁ pūrvebhyaḥ
त्रयमन्तरङ्गं पूर्वेभ्यः

Patanjali unterscheidet also zwischen (eher) äußeren und (eher) inneren Gliedern der Yoga-Praxis. 

Wir werden die Bedeutung dieser Sutra untersuchen: ► Was meint innerlicher? ► Wie erfahre ich das? ► Was meinen die frühen Kommentatoren dazu?

Inhalt: Yogasutra Kapitel 3, Vers Sutra 7

1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits

Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:

  • am = drei; dreifach; dreiteilig;
  • Antar = innerer; innerlich; zwischen;
  • Angam, aṅga = Stufe; Glied; Teil;
  • Purvebhyah, pûrvebhyah = in Bezug auf die Vorangegangen;

2. Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Hervorhebungen weisen auf Besonderheiten der jeweiligen Übersetzung hin. Übertragungen aus dem Englischen sind Eigenübersetzungen.

  • Sukadev: „... sind innerlicher als die vorhergehenden.“
  • Deshpande/Bäumer: „Diese drei … sind der innere Kern der früheren Aspekte des Yoga …“
  • Dr. R. Steiner: „... diese drei Stufen die inneren Glieder (Anga) des achtgliedrigen Weges.“
  • Coster: „Samyama ist die erste Stufe des wahren Yogi …“
  • Feuerstein: „… drei [Phasen der auferlegten Begrenzung] die innerlichen Teile …“
  • R. Palm: „Die Dreiheit ist das Innenglied …“
  • R. Sriram: „… sind diese drei immer subtilere Glieder.“
  • Govindan: „[Verglichen mit den] vorangegangenen Gliedern …“
  • Iyengar: „Diese drei Glieder … sind … .eher innerlicher Art.“
  • Chip Hartranft: „Diese drei Komponenten – Konzentration, Absorption und Integration – sind stärker verinnerlicht als die vorangegangenen fünf.“
  • R. Skuban: „Im Verhältnis zu den bereits genannten Elementen …“
  • T.K.V. Desikachar: … sind die drei zuletzt genannten schwierig.“
  • G. Pradīpaka: „Die Triade (von Dhāraṇā, Dhyāna und Samādhi) (trayam) (sind) mehr innere (Praktiken) (antaraṅgam) als die vorherigen ... (im Rahmen des Samprajñātayoga)“
  • 12koerbe.de: „... eine innerliche Phase ...“
  • Hariharananda Aranya: „Diese drei sind inniger als die zuvor erwähnten Praktiken.“
  • I. K. Taimni: „Die drei sind im Verhältnis zu den vorhergehenden innerlich.“
  • Vyasa Houston: „Die Dreiergruppe (Dharana, Dhyana und Samadhi) ist das innere Glied bzw. die inneren Glieder, die sich von den vorhergehenden (fünf Gliedern des Yoga) unterscheiden“
  • Barbara Miller: „Im Gegensatz zu den vorherigen Gliedern des Yoga ist die letzte Dreiergruppe innerlich.“
  • Swami Satchidananda: „Diese drei [dharana, dhyana und Samadhi] sind innerer als die vorangehenden fünf Glieder.“
  • Swami Prabhavananda: „Diese drei sind direktere Hilfen zur Erfahrung als die zuvor beschriebenen fünf Glieder.“
  • Swami Vivekananda: „Diese drei sind näher als die vorangehenden.“
  • Wim van den dungen (buddhistischer Kommentar zum Yogasutra): „Im Vergleich zu den Vorgängern sind diese drei innerlich.“
  • Rainbowbody: “Diese drei feinstofflichen Komponenten sind zusammen zu synchronisieren (trayam-antar-angam), als innerste Komponente, im Vergleich zu den vorbereitenden Praktiken (purvebhyah).”
Zu den Quellen

Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:

Bücher

Internetseiten

Dein Übersetzungsvorschlag

Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.

Hast du einen eigenen Übersetzungsvorschlag?

Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)

 

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3. Wo wir stehen

Das Yogasutra von Patanjali ist ein grundlegender Text des klassischen Yoga und besteht aus vier Kapiteln. Das dritte Kapitel, auch als Vibhuti Pada bekannt, konzentriert sich auf die erstaunlichen Kräfte, die durch die Praxis von Yoga erlangt werden können. Hier wird das Konzept der Samyama eingeführt, einer fortgeschrittenen Technik, die aus drei aufeinander aufbauenden Stufen besteht: Dharana (Konzentration) in Sutra 3.1, Dhyana (Meditation) in Sutra 3.2 und Samadhi (kontemplative Versenkung) in Sutra III-3. In Sutra III-4 werden Dharana, Dhyana und Samadhi zu Samyama zusammengefasst.

In Sutra III-7 vergleicht Patanjali Samyama mit den vorigen Stufen im Ashtanga-Yoga-Pfad.

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4. Worum geht es?

Patanjali bezieht sich auf die acht Stufen im Ashtanga Yoga. Diese sind:

achtfache pfad thema 250

Das Ziel des Yoga ist ein stiller Geist, siehe dazu Yoga-Sutra I-2. Patanjali empfiehlt hierfür dem achtfachen Pfad zu folgen:

  1. Yama – 5 ethische Verhaltensregeln
  2. Niyama – 5 Regeln der Selbstdisziplin
  3. Asana – Körperstellungen, bei Patanjali nur Sitzhaltungen
  4. Pranayama – Atemübungen zur Atemkontrolle
  5. Pratyahara – Zurückziehen der Sinne nach innen
  6. Dharana – Konzentration auf ein einzelnes Objekt
  7. Dhyana – Meditation; Ziel: die Stille
  8. Samadhi – Nach längerer Stille und innerer Entwicklung kommt es zum Überbewusstsein, zu völliger Selbsterkenntnis; Erleuchtung

Wichtig: Alle Stufen sind wichtig und notwendig zur Erreichung des Yoga-Zieles. Also auch Yama und Niyama nicht vergessen ;-)

Hintergründe und alte Schriften zum achtfachen Pfad des Raja Yoga

Die letzten drei, Dharana, Dhyana und Samadhi, die zusammen zu Samyama führen, bezeichnet er als “innerlicher”.

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5. Innerlichkeit in diesem Kontext

Innerlichkeit bezieht sich auf die nach innen gerichtete Fokussierung der Aufmerksamkeit, die für die Praxis der Samyama erforderlich ist. Durch diese innere Konzentration können Praktizierende ihre Gedanken und Emotionen kontrollieren und so tiefere Bewusstseinsebenen erreichen.

R. Sriram schreibt (S. 166): “Die Meditation ist eine subtile Übung im Vergleich zu der Übung der Körperhaltung, des Verhaltens und des Atems.”

Geht es noch innerlicher?

Aber ja. Das folgt in der nächsten Sutra. Hier sei schon einmal vorweggenommen: Über Samyama hinausgehend kommt Nirbija, der samenlose Zustand, so Sukadev. Dies entspricht Nivikalpa und Nirodha Samadhi aus Sutra I-2:

Yoga Sutra I-2: Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist

Zur Sutra

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6. Vyasa's Kommentar zu Sutra III-7

Erläuterungen zu Vyasa

Vyasa war ein indischer Philosoph des 5. bzw. 6. Jahrhunderts nach Christi, der den ältesten überlieferten Kommentar zum Yogasutra des Patanjali schrieb. Der Text wird Yogabhashya (wörtlich "Kommentar (Bhashya) zur Yogaphilosophie") genannt und um 600 nach Christi datiert. Vyasas Kommentare zu den Sutras sind oftmals recht kurz.
Dieses Yogabhashya wurde im 8./9. Jh. von Shankara (788–820 n. Chr, indischer Gelehrter, Vedanta-Philosoph, Begründer der Advaitavedānta-Tradition) kommentiert. Sein Kommentar nennt sich Yogabhashyavivarana, Vivarana ist ein Unterkommentar. Auch Vachaspati Mishra hat einen frühen, berühmten Kommentar zum Yogasutra geschrieben. (Meine Quellen für diese Kommentare waren unterschiedliche Bücher und Webseiten, zum Beispiel Legget (siehe Literatur) und wisdomlib.org/hinduism/book/yoga-sutras-with-commentaries/). Ich gebe hier diese Kommentare in für mich relevanten Auszügen in Worten wieder, die für mich den Sinn in heutigen Worten am besten wiedergeben. Dies ist explizit kein Bemühen, die Originalkommentare wortgetreu wiederzugeben. Fehlinterpretationen sind natürlich in meiner Verantwortung.

Du siehst etwas anders, hast einen Fehler gefunden oder möchtest etwas ergänzen? Bitte schreibe dies unten bei "Ergänzungen von dir".

Die Kommentare von Vyasa, Mishra und Shankara sind oft wörtlich übersetzt worden, zum Beispiel bei den oben angegebenen Quellen.

Vyasa kommentiert: Im Vergleich zu den zuvor genannten fünf Mitteln, die mit Zurückhaltung [= yamas] beginnen, ist dieser Dreiklang aus Konzentration, Meditation und samādhi das direkte Mittel zu kognitivem samādhi.” Vyasa betont damit, dass diese drei Aspekte näher an der Wahrheit oder Realität sind als die anderen Glieder des Yoga.

Shankara erläutert diesen Kommentar: “Verglichen mit den vorhergehenden Mitteln ist diese Trias das direkte Mittel. Verglichen den zuvor genannten fünf Mitteln, die mit Zurückhaltung beginnen, ist diese Triade von dhāraṇā, dhyāna und samādhi das direkte Mittel zum kognitiven samādhiyoga. Indem er sie die direkten (wörtlich: inneren) Mittel nennt, will er zeigen, dass man sich um diese drei Mittel bemühen sollte, auch wenn die vorhergehenden noch nicht vollendet sind, man sich um diese drei bemühen sollte.

Es gibt Yogis, siehe Sutra III-6 zuvor, die sehen das anders und sagen, dass erst die ersten Glieder gemeistert werden müssen, bevor man sich an die höheren Glieder wagt.

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7. Anwendung von Sutra III-7 im Alltag

Um Sutra III-7 bzw. die “innerlichen” Techniken im Alltag zu üben, gibt es einige konkrete Beispiele und Ansätze, die du ausprobieren kannst:

  • Achtsamkeitsmeditation: Nimm dir täglich Zeit für eine Achtsamkeitsmeditation, bei der du dich auf deinen Atem, Körperempfindungen oder auf bestimmte Gedanken konzentrierst. Durch diese Praxis entwickelst du deine Fähigkeit zur Dharana und Dhyana, die entscheidend für die Samyama-Praxis sind.
  • Achtsamkeit im täglichen Leben: Versuche, achtsam und präsent in all deinen täglichen Aktivitäten zu sein, sei es beim Essen, Arbeiten oder Interagieren mit anderen Menschen. Indem du deine volle Aufmerksamkeit auf das gegenwärtige Erleben richtest, förderst du die Entwicklung von Dharana und Dhyana.
  • Yoga-Praxis: Integriere eine regelmäßige Yoga-Praxis in deinen Alltag, bei der du verschiedene Asanas und Atemübungen ausführst. Achte dabei darauf, deinen Geist auf deinen Körper und deine Atmung zu konzentrieren. Diese körperliche Praxis hilft dir dabei, die Grundlagen für die Samyama-Praxis zu schaffen.

Mehr Tipps zur Alltagsumsetzung im Artikel zu Sutra III-4.

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8. Parallelen zu Sutra III-7 in der abendländischen und asiatischen Philosophie

  • Platonische Philosophie: In der abendländischen Philosophie gibt es Parallelen zur Idee der "Innerlichkeit" von Samyama in Platons Konzept der "Ideenlehre". Hierbei geht es darum, dass der Geist in der Lage ist, über die Sinne hinauszugehen und die höheren Wahrheiten der Realität “innerlich” zu erkennen.
  • Neuplatonismus: Im Neuplatonismus, einer spätantiken philosophischen Strömung, die von Plotin begründet wurde, finden sich ebenfalls Parallelen zur Innerlichkeit Samyama-Praxis. Hier steht die innere Einkehr und die Vereinigung mit dem Göttlichen im Fokus. Platons Transzendenz, seine Lehre von der Seele und vom Göttlichen, die religiöse Komponente seiner Philosophie, bildete den Mittelpunkt des Interesses der Neuplatoniker.
  • Daoismus: In der asiatischen Philosophie gibt es Parallelen zur Samyama-Praxis im Daoismus, insbesondere im Konzept des Wu Wei, das die Idee der Handlungslosigkeit und das Einswerden mit dem natürlichen Fluss des Dao betont.

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9. Parallelen zu Sutra III-7 im Buddhismus

Siehe dazu wiederum den Artikel zu Sutra III-4.

10. Ergänzungen und Fragen von dir

Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?

Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

 

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11. Videos zu Sutra III-7

Sukadev zur Sutra III-4 bis III-8

Länge: 25 Minuten

Youtube-Video

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Video von Asha Nayaswami zur Sutra

Asha Nayaswami zu Sutra III-7 bis III-8

Länge: 72 Minuten

Youtube-Video

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12. Beliebt & gut bewertet: Bücher zum Yogasutra


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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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