konzentration frau kreis 250Desha-bandhash chittasya dhâranâ
देशबन्धः चित्तस्य धारणा

Im Dritten Kapitel des Yogasutra geht es um die Freiheit des Menschen, der Befreiung von Fesseln, dem Erreichen des Aussergewöhnlichen. Es beginnt mit den Gliedern 6, 7 und 8 des achtgliedrigen Pfades der „Ashtanga“ genannt wird, also Dharana, Dhyana und Samadhi.

Gleich die erste Sutra, Sutra 3.1, ist grundlegend wichtig für das Verständnis aller folgenden Texte, weil sie sich mit der Meditation und der Konzentration auf ein einzelnes Objekt befasst. In diesem Artikel werfen wir einen genauen Blick auf Sutra 3.1 und tauchen in die Übersetzungen, Bedeutung und Kommentare ein.

In III-1 wird die Basis für Meditation und Samadhi erläutert: Konzentration ► Was meint Konzentration? ► Welche Bedeutung hat Konzentration im Yoga? ► Mögliche Konzenrationsobjekte ► Was fördert die Konzentration ► Übersetzungsalternativen ► ...

Inhalt: Yogasutra Kapitel 3, Sutra 1

1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits

Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:

  • Desha, deśa, desa = Objekt; Ort; Stelle; Thema; Platz; Brennpunkt; (gemeint ist hier der Fokuspunkt oder das Objekt der geistigen Aufmerksamkeit);
  • Bandha, bandhah = Bindung; Begrenzung; Fixierung; Verschluss; Fesseln; sich zu versammeln; zusammenzubinden; wieder zu verbinden; ein Leck zu versiegeln; ein Tor zu öffnen; umzulenken; zu verschmelzen; sowohl die innere als auch die äußere Dynamik zu fokussieren;
  • Chittasya, cittasya = des Verstandes; Geist; das Wandelbare im Menschen; Geistfeld; Bewusstsein;
  • Dharana, dhâranâ = Konzentration; Ausrichten der Gedanken auf ein Objekt oder ein Thema; wörtlich: an einem Ort festhalten; fokussierte und auf einen Punkt gerichtete Konzentration;

2. Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Hervorhebungen weisen auf Besonderheiten der jeweiligen Übersetzung hin. Übertragungen aus dem Englischen sind Eigenübersetzungen.

  • Roots: „Fixierung bindet den Geist an einen Ort.“
  • Sukadev: „Dharana ist das Fixieren des Geistes ...“
  • Deshpande/Bäumer: „Das Festhalten des Bewusstseins in der Leere des Raumes …“
  • Dr. R. Steiner: „Durch die Ausrichtung der wandelbaren Aspekte des Menschen (Chitta) auf ein bestimmtes Thema ...“
  • Coster: „… Fixieren der Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand.“
  • Feuerstein: „Konzentration … bindet das Bewusstsein …“
  • R. Palm: „… Binden des Bewusstseins an einen Ort.“
  • R. Sriram: „Wenn sich das Chitta [das meinende Selbst] mit einem Motiv verbindet …“
  • Govindan: „Konzentration heißt, das Bewusstsein … zu binden.“
  • Iyengar: „Das Bewusstsein auf einen Punkt oder eine Stelle zu fixieren …“
  • Chip Hartranft: „Die Konzentration fixiert das Bewusstsein auf einen einzigen Bereich.“
  • R. Skuban: „… Ausrichtung des Bewusstseins auf einen Punkt …“
  • T.K.V. Desikachar: „Dharana ist die Fähigkeit … einen Gegenstand auszurichten.“
  • G. Pradīpaka: „Konzentration (dhāraṇā) ist die Fixierung (bandhaḥ) des Geistes (cittasya) auf einen Punkt (deśa)“
  • 12koerbe.de: „räumliche Bündelung des Bewusstseins ...“
  • Hariharananda Aranya: „Dharana ist die Fixierung des Geistes (Chitta) auf einen bestimmten Punkt im Raum.“
  • I. K. Taimni: „Konzentration ist die Eingrenzung des Geistes auf einen begrenzten geistigen Bereich (0bjekt der Konzentration).“
  • Vyasa Houston: „Dharana-Fokussierung ist die Fixierung des Citta (der Energie des Bewusstseinsfeldes) auf einen Brennpunkt.“
  • Barbara Miller: „Konzentration ist das Binden der Gedanken an einen Ort.“
  • Swami Satchidananda: „Dharana ist das Binden des Geistes an einen Ort, ein Objekt oder eine Idee.“
  • Swami Prabhavananda: „Konzentration (Dharana) bedeutet, den Geist in einem Zentrum des spirituellen Bewusstseins im Körper zu halten oder ihn auf eine göttliche Form zu fixieren, entweder innerhalb oder außerhalb des Körpers.“
  • Swami Vivekananda: „Dharana ist das Festhalten des Geistes an einem bestimmten Objekt.“
  • Wim van den Dungen (buddhistischer Kommentar zum Yogasutra): „Konzentration ist die Bindung des Bewusstseins an einen einzigen Punkt.“
  • Rainbowbody: „Dharana (Konzentration) ist eine Praxis der kontinuierlichen bewussten Aufmerksamkeit (cittasya), die auf einen bestimmten Ort oder Punkt (desa) gerichtet ist (bandhas).“
  • ChatGPT: “"Die Konzentration (dharana) besteht darin, den Geist (chittasya) an einem Ort (deshabandha) zu binden." Kommentar der KI: Es gibt verschiedene Übersetzungen von Sutra 3.1, siehe oben, die je nach Interpretation variieren. Im Wesentlichen geht es jedoch darum, dass die Konzentration darin besteht, den Geist auf ein bestimmtes Objekt oder einen bestimmten Punkt auszurichten und zu fokussieren.
Zu den Quellen

Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:

Bücher

Internetseiten

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Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.

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Antwort 1
Dharana ist die Konzentration der Gedanken und Gefühle auf ein Thema.

3. Wo wir stehen

Sutra 3.1 ist der Beginn des dritten Kapitels, dem Vibhuti Pada, das sich mit den übernatürlichen Kräften befasst, die durch die Praxis von Yoga erlangt werden können.

Die Bedeutung von Sutra 3.1 liegt darin, dass es den Praktizierenden lehrt, den Geist zu fokussieren und zu beruhigen, indem er seine Aufmerksamkeit auf ein Objekt oder einen Punkt richtet. Dies kann ein äußeres Objekt wie eine Kerzenflamme oder ein inneres Objekt wie den Atem oder ein Mantra sein. So legt Sutra 3.1 den Grundstein für die Entwicklung von höheren Bewusstseinszuständen und inneren Fähigkeiten.

4. Einordnung: Konzentration als sechstes Glied im achtfachen Pfad

Sutra 3.1 handelt von … Konzentration!

Konzentration, oder Dharana, ist die sechste Stufe des achtgliedrigen Pfades des Yogasutras und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Meditation (Dhyana) und Selbstverwirklichung (Samadhi).

  • Die ersten beiden Glieder sind die Verhaltensanweisungen (Yama und Niyama). Der Yogi gewinnt mit ihnen emotionale Stabilität.
  • Dann folgt Asana, das Einnehmen einer festen, aber bequemen Sitzhaltung
  • Dann wird mittels Pranayama der Atem beruhigt, vertieft und verlängert. Der Yogi reguliert so seine Energien (Iyengar), reinigt sich und härtet seinen Körper (Goraksa bei Palm S. 133) und kommt innerlich in tiefe Ruhe.
  • Dann werden die Sinne nach “innen gezogen” – Pratyahara. Damit verliert die Welt ihren Einfluss auf den Yogi.
  • Im Anschluss beginnt die Konzentration auf ein Objekt – Dharana.
  • Die Aufrechterhaltung dieser Konzentration (Dhyana, siehe Sutra III-2) führt dann irgendwann zu Samadhi (Sutra III-3) und schließlich zur Befreiung, Kaivalya.

Wim van den Dungen schreibt: “Patañjali führt die Konzentration im Zusammenhang mit der spirituellen Emanzipation durch Innerlichkeit und das Aufhören aller von der Natur verursachten Bewegungen ein, wodurch das objektlose Gewahrsein sich ausschließlich seiner selbst bewusst wird.”

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5. Was ist Konzentration: die Wissenschaftliche Definition von Konzentration

Im Kern meint Konzentration die Fähigkeit, unsere Aufmerksamkeit gezielt auf eine bestimmte Aufgabe oder einen bestimmten Reiz zu richten und dabei andere Dinge, die gerade um einen herum passieren, auszublenden.

Man kann das Ganze auch als eine Art geistige Anstrengung sehen, die uns hilft, unsere Gedanken und unser Verhalten besser zu steuern. So können wir uns zum Beispiel besser auf das Lernen, das Lösen von Problemen oder auf kreative Tätigkeiten konzentrieren.

Die Konzentration ist auch im Alltag wichtig, weil sie uns dabei hilft, effektiv und erfolgreich zu arbeiten. Wenn wir uns nicht gut konzentrieren können, fällt es uns schwer, Dinge zu erledigen, und wir sind leichter ablenkbar. Das ist natürlich nicht so erfreulich, wenn wir zum Beispiel wichtige Aufgaben erledigen müssen …

Es gibt auch verschiedene Faktoren, die unsere Konzentrationsfähigkeit beeinflussen können. Dazu gehören zum Beispiel unsere körperliche und geistige Verfassung, aber auch äußere Faktoren wie Lärm, Stress oder Ablenkungen. Mehr dazu unten.

„Tiefe Konzentration entsteht, wenn Fühlen und Denken auf ein Thema ausgerichtet zur Einheit verschmelzen.”

R. Sriram, S. 160

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6. Was bedeutet Konzentration (Dharana) in der Yogaphilosophie des Yogasutras von Patanjali?

In der Yogaphilosophie des Yogasutras von Patanjali spielt Konzentration eine wichtige Rolle. Hier wird Konzentration als "Dharana" bezeichnet und ist die sechste Stufe auf dem sogenannten "achtgliedrigen Pfad" des Yoga. Der achtgliedrige Pfad ist eine Art Anleitung, die Patanjali zusammengestellt hat, um Menschen zu helfen, ein ausgeglichenes und harmonisches Leben zu führen und zur Erleuchtung zu finden.

Dharana, die Konzentration, ist eng mit den anderen Stufen des Pfades verknüpft, insbesondere mit der siebten Stufe, der Meditation (Dhyana), und der achten Stufe, der spirituellen Versenkung (Samadhi). Während Dharana die Fähigkeit bezeichnet, den Geist auf einen einzigen Punkt oder ein Objekt zu konzentrieren, geht es bei Dhyana darum, diesen Zustand der Konzentration aufrechtzuerhalten und zu vertiefen.

6.1. Unterschied Konzentration und Achtsamkeit

Wim van den Dungen schreibt: “Konzentration ist nicht nur Aufmerksamkeit für äußere Objekte oder Aufmerksamkeit für innere Zustände (Introspektion). Es ist auch nicht Achtsamkeit. Aber die Praxis der letzteren erleichtert die Konzentration.”

Achtsamkeit als meditative Praxis ist für van den Dungen “ein Gewahrsein von 360°”. Hierbei werden alle sinnlichen und geistigen Objekte im Hier und Jetzt einbezogen. Nicht auf ein bestimmtes Wahrnehmungsobjekt gerichtet, sondern alles einschließend, “was den gegenwärtigen Moment ausmacht.”

Konzentration befolge “den umgekehrten Weg”. Der Geist werde bewusst auf einem inneren oder einem äußeren Objekt “platziert”. Auf einen Punkt, ekagrata [Einpünktigkeit]., alles andere wird ausgeblendet.

Innere Objekte für diese Konzentration seien laut Wim van Dungen für Patañjali bestimmte Stellen im Körper (Chakras oder Energieräder).

Er ergänzt: (Reine) Konzentration kann nur in “totaler Sinnesabwesenheit” geschehen. Will man sich darum auf ein äußeres Objekt konzentrieren, so müsse man es immer verinnerlichen. Im Sinne von “visualisiert, repräsentiert, erkannt, benannt, etikettiert, bezeichnet usw.”.

„Dharana geht weiter als Ekagrata"

Eliade, Seite 79

In der Yogaphilosophie ist Dharana wichtig, weil es hilft, den Geist zu beruhigen und ihn von den ständigen Ablenkungen und Unruhen des Alltags zu befreien. Dadurch wird es möglich, sich ganz auf das Innere zu konzentrieren und eine tiefe Verbindung zu sich selbst und dem Universum herzustellen. Dharana ist dadurch ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Selbstverwirklichung und inneren Freiheit.

Dharana als letzter Spatenstich

Dr. Steiner schreibt, dass Dharana die letzte Übungsstufe ist. Die folgenden Glieder des Pfades “können nicht geübt werden, sie stellen sich von alleine ein”, so denn alle Grundlagen gelegt seien. Steiner verweist auf Sutra IV.3:

Yoga Sutra IV-3: Das Wirken (sichtbare Ursachen, das Üben) setzt die natürlichen Abläufe nicht in Gang, es beseitigt aber die Hindernisse aus den Kanälen, ähnlich eines Bauern, der Wasser auf seine Felder lässt

Zur Sutra

Dharana sei in diesem Sinne der letzte Spatenstich des Bauern an der Arbeit der Kanäle.

 

Um Dharana zu üben, gibt es verschiedene Techniken und Herangehensweisen. Eine gängige Methode ist, den Geist auf einen bestimmten Punkt, wie zum Beispiel die Atmung oder ein Mantra (mehr konkrete Möglichkeiten findest du unten), zu fokussieren. Dabei ist es wichtig, geduldig zu sein und sanft immer wieder den Geist zurück zum gewählten Fokuspunkt zu bringen, sobald er abschweift.

„Alles wird immobil gemacht, “regungslos wie ein Stein”, “unverrückbar wie ein Berg, “fest wie ein Baustamm” zu sein heißt vollkommen im Yoga zu sein.”

Mahabharata, 12.294.14ff, zitiert aus Palm S. 134

Durch regelmäßiges Üben von Dharana wird der Geist nach und nach ruhiger und fokussierter, was wiederum die Fähigkeit zur Meditation (Dhyana) und letztendlich zur spirituellen Versenkung (Samadhi) verbessert. Auf diese Weise führt die Konzentration in der Yogaphilosophie von Patanjali zu einer tiefen inneren Transformation und einem gesteigerten Bewusstsein.

Konzentration als magisches Werkzeug

Wim van den Dungen schreibt: “Der erste Schritt im Prozess …, das erste der inneren Glieder des Achtfachen Yoga, das zu den Siddhis führt, ist die Konzentration („dhâranâ“). Sie ist das geistige Werkzeug schlechthin, um magische Kräfte, aber auch Trancezustände, erhabene veränderte Bewusstseinszustände und sogar persönliche Befreiung zu erlangen.”

„Wo wir den Geist platzieren, platzieren wir auch unsere Energie."

Rainbowbody

6.2. Ganzheitlich üben

Es ist wichtig zu verstehen, dass, wenn man das Ziel des Yoga, die Erleuchtung, erlangen möchte, Dharana nicht isoliert geübt werden sollte, sondern als Teil des gesamten achtgliedrigen Pfades, der auch ethische und moralische Prinzipien, Körperhaltungen, Atemübungen und andere Aspekte umfasst. Nur durch die Integration all dieser Elemente in die tägliche Praxis des Yoga können wir nachhaltig unsere Konzentrationsfähigkeit verbessern, inneren Frieden finden und letztendlich spirituell immer tiefer vordringen.

Zumindest wird dir eine dauerhafte Konzentration eher schwerfallen, wenn du täglich eine halbe Stunde meditierst und den Rest des Tages ungesund lebst, niederen Gelüsten folgst und auf Autopilot durch dein Leben gleitest.

Um den achtgliedrigen Pfad von Patanjali erfolgreich zu praktizieren, wird von ihm empfohlen, diesen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen. Das bedeutet, nicht nur Dharana und die anderen Stufen des Pfades zu üben, sondern auch auf die eigene körperliche Gesundheit, emotionale Balance und soziale Beziehungen zu achten. Auf diese Weise kann das Üben von Yoga zu einer tiefgreifenden Veränderung und einem besseren Verständnis des eigenen Selbst und der Welt führen.

Zusammengefasst ist Konzentration (Dharana) in der Yogaphilosophie des Yogasutras von Patanjali ein wesentlicher Bestandteil des achtgliedrigen Pfades und ein wichtiger Schritt zur Selbstverwirklichung. Durch das Üben von Dharana können wir unseren Geist beruhigen, fokussieren und letztendlich tiefe innere Erfahrungen machen, die uns helfen, ein harmonisches und erfülltes Leben zu führen.

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7. Konzentration üben

7.1. Tratak als Vorübung

Svami Satchidannanda empfiehlt (S. 171) Tratak (Tradak) als Vorübung zum Üben von Dharana. Bei Tratak wird das Auge auf einen Gegenstand konzentriert (eine Flamme, Blume …) und man “starrt” darauf, ohne zu blinzeln. Die Augen sollten aber nicht überanstrengt werden. Einfach so lange auf das Objekt schauen, wie man es entspannt tun kann. Satchidannanda empfiehlt, den Geist gleichzeitig auf die “Idee hinter dem Objekt” zu richten – wie schön es ist, wie dankbar man für dessen Existenz sein kann oder Ähnliches. Dadurch würde man seinen Blick länger halten können.

Nach einer Weile kann man dann die Augen schließen und das Objekt vor dem inneren Auge visualisieren. Wenn es innerlich verblasst, beginnt man die Übung von vorne.

7.2. Was könnten Objekte der Konzentration im Sinne der Sutra 3.1 des Yogasutras sein?

Vyasas Deutung und Empfehlungen

Vyasa, der erste, mystische Kommentator des Yogasutra, schreibt zu dieser Sutra: Die fünf externen Hilfsmethoden wurden beschrieben. Von der Fixierung (Dhâraṇâ) sollte [jetzt] gesprochen werden:
(3.1) Fixierung bindet den Geist an [einen] Ort.
Die Fixierung bindet den Geist nur durch [eine Modifikation seines] Zustandes an Orte wie den Kreis des Nabels (Nâbhicakra), den Herzlotus (hṛdayapuṇḍarîka), das Licht im Kopf, die Nasenspitze und die Spitze der Zunge oder zu einem externen Objekt. Quelle des Kommentars: Roots of Yoga.

Sri Vyasa empfahl also, folgende Körperteile als Konzentrationspunkte (auch zitiert bei Iyengar S. 217):

  • Nabelgegend
  • Lotos sdes Herzens
  • Scheitel des Kopfes
  • das leuchtende Licht (Punkt zwischen den Augenbrauen, Ajna Chakra)
  • Nasenspitze
  • Zungenwurzel

Mit der Konzentration auf diese Stellen würde man Vyasas Auffassung nach Schritt für Schritt zur Seele gelangen.

Weitere mögliche Konzentrationsobjekte

Es gibt viele Anwendungen und Ebenen von Dharana und es gibt verschiedene Objekte, auf die man sich im Sinne von Dharana konzentrieren kann. Iyengar (S. 217): Als Brennpunkt der Konzentration können äußere oder innere Gegenstände dienen.” Wobei äußere Gegenstände (zumindest in gewissem Maße) erhaben und rein sein sollten. Einige Beispiele sind:

  • Die einfachste Form haben wir schon kennengelernt, die Konzentration auf Sinnesobjekte mit Auge, Ohr, Nase usw. Zum Beispiel kann der Yogi zuerst Dharana auf eine Kerze, ein Mantra, ein Heiligenbild oder eine Farbe üben. Die physische Fokussierung (Dharana) mit den Augen wird oft als Dristhi oder Tratak bezeichnet, von denen die subtilste auf das innere Licht gerichtet ist.

Man sollte sich dabei bewusst sein:

Jedes Konzentrationsobjekt entfaltet bei der Konzentration darauf eine eigene Wirkung.

  • Die Atmung: Die Konzentration auf den Atem ist eine häufig verwendete Methode, um den Geist zu beruhigen und sich zu fokussieren. Man kann zum Beispiel auf den natürlichen Fluss des Atems achten, auf den Atem an der Nasenspitze oder bestimmte Atemtechniken (Pranayama) praktizieren.
  • Ein Mantra: Ein Mantra ist ein Wort oder eine Phrase, die wiederholt wird, um den Geist zu fokussieren und zu beruhigen. Mantras können aus Sanskrit oder anderen Sprachen stammen und eine spirituelle Bedeutung haben.
  • Ein Symbol oder Bild: Man kann sich auch auf ein religiöses oder spirituelles Symbol, wie zum Beispiel das Om-Zeichen, ein Yantra oder ein Bild einer Gottheit, konzentrieren. Dabei wird das Bild oder Symbol entweder äußerlich betrachtet oder im Geiste visualisiert.
  • Ein Körperteil oder ein Energiezentrum (Chakra): Die Konzentration kann auch auf einen bestimmten Körperteil oder ein Energiezentrum gerichtet sein. Zum Beispiel könnten wir uns auf das Herz, die Stirn (Drittes Auge) oder eines der sieben Hauptchakren konzentrieren.
  • Natürliche Objekte: Manche Menschen finden es hilfreich, sich auf natürliche Objekte wie eine Flamme, einen Fluss, eine Blume oder einen Baum zu konzentrieren. Die Schönheit und Ruhe der Natur kann den Geist beruhigen und den Fokus erleichtern.
  • Ein inneres Licht oder einen inneren Klang: Bei dieser Methode versucht man, sich auf ein inneres Licht oder einen inneren Klang zu konzentrieren, der als göttlich oder spirituell wahrgenommen wird. Dies kann helfen, den Geist von äußeren Ablenkungen abzulenken und eine tiefere Verbindung zur inneren Quelle herzustellen.
  • Die eigene Achtsamkeit: Eine weitere Möglichkeit ist, sich auf den eigenen Geist und die Gedanken zu konzentrieren und dabei eine Haltung der Achtsamkeit einzunehmen. Das bedeutet, jeden Gedanken und jede Empfindung ohne Bewertung oder Urteil zu beobachten und dadurch den Geist zu beruhigen.

Welches Objekt der Konzentration man wählt, hängt von den persönlichen Vorlieben, Überzeugungen und Erfahrungen ab. Es gibt keine "richtige" Methode oder ein "richtiges" Objekt, das für alle gleichermaßen funktioniert. Wichtig ist, dass das gewählte Objekt der Konzentration dabei hilft, den Geist zu beruhigen und sich von äußeren Ablenkungen zu lösen.

Bei der Auswahl eines Objekts der Konzentration ist es hilfreich, verschiedene Methoden und Techniken auszuprobieren, um herauszufinden, welche am besten zu den eigenen Bedürfnissen und Zielen passt. Es kann auch sinnvoll sein, bei der Auswahl eines Objekts auf die eigene Intuition zu hören und sich von inneren Empfindungen und Anleitungen leiten zu lassen.

Im Laufe der Zeit kann sich das gewählte Objekt der Konzentration auch ändern, je nachdem, wie sich die eigene Praxis entwickelt und welche neuen Erfahrungen und Einsichten man gewinnt. Wichtig ist, offen für Veränderungen zu sein und die eigene Praxis stets an die individuellen Bedürfnisse und Ziele anzupassen.

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8. Was fördert die Konzentration?

Wim van den Dungen nennt sechs Voraussetzungen, um ein “ruhiges Verweilen” bei einem Objekt zu erreichen:

1. eine geeignete Umgebung: ein ruhiger, sicherer Ort mit wenigen Ablenkung;
2. wenige Wünsche: wenige und nur einfache Bedürfnisse kultivieren;
3. Zufriedenheit: auf das achten, was im Moment gegeben ist und damit wirklich innerlich zufrieden sein;
4. Wenige Sorgen haben: hier sei der Schlüssel ebenfalls ein einfacher Lebensstil;
5. ethische Disziplin: gemeint sei das Schädliche erkennen und ihm nicht nachgeben;
6. Vermeidung von zwanghaftem Denken/Fühlen/Handeln: Er listet hier geistige Spielereien, oberflächliche Gespräche, Begierden, insbesondere weltliche und sexuelle Begierden auf, zu denen unser Geist immer wieder abschweift.

Wenn du merkst, dass du Schwierigkeiten mit der Konzentration hast, gibt es einige Tipps und Tricks, die dir helfen können, deine Aufmerksamkeit zu verbessern:

  • Pausen einlegen: Gönne dir regelmäßig kurze Pausen, um deinen Geist zu entspannen und neue Energie zu tanken. So kannst du danach wieder fokussierter an die Arbeit gehen.
  • Das Umfeld anpassen: Sorge für eine angenehme Arbeitsumgebung, in der du dich wohlfühlst und möglichst wenige Ablenkungen hast. Das kann zum Beispiel ein aufgeräumter Schreibtisch oder ein ruhiger Raum sein.
  • Prioritäten setzen: Versuche, die wichtigsten Aufgaben zuerst zu erledigen, damit du dich auf das Wesentliche konzentrieren kannst und nicht ständig zwischen verschiedenen Dingen hin- und herspringst.
  • Zeitmanagement: Plane deine Zeit sinnvoll und setze dir realistische Ziele. So vermeidest du unnötigen Stress und kannst dich besser auf die jeweilige Aufgabe konzentrieren.
  • Entspannungstechniken: Lerne, wie du dich gezielt entspannen kannst, zum Beispiel durch Meditation, Yoga oder Atemübungen

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9. Was stört die Konzentration?

Eine große Frage, deren völlige Beantwortung gleichzeitig den Schlüssel zur Erlangung der Erleuchtung darstellt.

Im Grunde genommen stört jegliches “Greifen des Geistes” die Konzentration. Jede Erregung, jedes Habenwollen. Aber auch jedes Ablehnen und auch Trägheit.

Wim van den Dungen nennt fünf Fehler, die zu vermeiden sind. Er betont: “Solange auch nur ein einziger davon vorhanden ist, ist das Objekt der Versenkung nicht stabil”.

Die Fünf Fehler (genannt „âdînava“) sind:

1. Faulheit („kausîdya“) : der Wunsch, konzentriert zu sein, ist nicht genügend vorhanden;
2. Vergessen des Objektes („avavâdasammosha“)
3. Laxheit („laya“) auch: Nachlässigkeit & Aufregung/Erregung („auddhataya“): bedeutet einerseits Lethargie oder eine Schwere von Geist und Körper und andererseits die Zersplitterung der Aufmerksamkeit;
4. Nicht-Anwendung („anabhisamskâra“): die Gegenmittel (dies sind u. a. Streben, Bemühung, Gleichmut, Glaube, Aufmerksamkeit) gegen Laxheit & Aufregung werden nicht angewendet;
5. Übermäßige Anwendung („abhisamskâra“): die Gegenmittel gegen Laxheit und Aufregung werden zu oft oder stark angewendet.

Wim van den Dungen betont, dass eine intensive und klare Konzentration auf das Konzentrationsobjekt nur möglich ist, wenn es “intensiv interessant” ist und gleichzeitig kein “Verlangen nach einem anderen Objekt” vorhanden ist. Dies führe dann zur “totalen Vertrautheit mit dem Objekt “und schließlich zur Vereinigung (im „samâdhi“).

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10. Konzentration und Mentalkörper

Dharana steht laut Steiner für die “Harmonie mit dem Mentalkörper”. Asana führe zur Harmonie mit dem physischen Körper, Pranayama mit dem energetischen Körper, Pratyahara mit dem Emotionalkörper und Dharana führe “diese Folge zu ihrem Höhepunkt: Der Arbeit mit dem Mentalkörper.“ Wobei die Harmonie der Gedanken die schwerste Herausforderung sei.
Die Gedanken bewusst zu steuern sei “fortgeschrittenes Yoga”.

Schwierig ja, aber notwendig, denn Dharana sei die Grundlage für “die drei feinstofflichen Stufen des Ashtanga Yoga: Dharana (Konzentration), Dhyana (Versenkung) und Samadhi (Erleuchtung)”.

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11. Zur Bedeutung von Bandha in dieser Sutra: Bündelung

Ein Bandha im Yoga wirkt Verschluss bzw. als Bindung zwischen zwei oder mehreren unverbundenen Teilen. Ziel ist meist, einen Fluss in Gang zu bringen. Bandhas bilden ein begrenztes Tor, ein Ventil, durch das dann ein Fluss gebündelt fließen kann. Auf der physischen Ebene wird es durch eine körperliche Bewegung wie Mulabandha, Uddiyana Bandha, Jalandhara Bandha usw. erreicht. Auf einer subtilen, geistigen Ebene ist es – wie hier – die Bündelung des Geistes auf ein Konzentrationsobjekt. Siehe zum Beispiel: 

Beitrag: Uddiyana Bandha: Anleitung, Wirkung, Videos

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Uddiyana Bandha ist das Hochziehen des Bauches nach dem Ausatmen. Hier findest du eine Übungsanleitung, Pradipika-Auszüge zu Uddiyana Bandha und Anleitungs-Videos.

Hier weiterlesen

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12. Ist Konzentration immer gut?

Mitnichten, Konzentration ist nicht immer von Vorteil. Zum Beispiel kann man einseitig auf Wut, Hass, Neid, Verzweiflung, Eifersucht, Angst usw. konzentriert sein. So kann Dharana Kleshas erzeugen und selbst zum Hindernis werden.

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13. Weitere Kommentare zu Sutra 3.1

In den Kommentaren und Interpretationen von Sutra 3.1 geht es oft um die Bedeutung der Konzentration im Yoga und darüber, wie man sie in der Praxis kultiviert. Einige der wichtigsten Kommentare zu diesem Sutra sind:

  • Swami Satchidananda
    In seinem Kommentar betont Swami Satchidananda die Wichtigkeit der Konzentration als Voraussetzung für die Meditation und erklärt, dass das Ziel der Konzentration darin besteht, den Geist von seinen gewöhnlichen Ablenkungen und Unruhen zu befreien.
  • B.K.S. Iyengar
    B.K.S. Iyengar beschreibt in seinem Kommentar die verschiedenen Objekte, auf die man sich in der Konzentration fokussieren kann, und gibt praktische Tipps, wie man die Konzentration im Alltag trainieren kann, z. B. durch das Üben von Asanas (Körperhaltungen) oder Pranayama (Atemübungen).
  • Sri Swami Vivekananda
    Vivekananda betont in seinem Kommentar die universelle Natur der Konzentration und erklärt, dass sie sowohl im Yoga als auch in anderen spirituellen Traditionen eine zentrale Rolle spielt. Er betont auch die Wichtigkeit, den Geist in den Alltagsaktivitäten zu trainieren und konzentriert zu bleiben.
  • T.K.V. Desikachar
    T.K.V. Desikachar, Yoga-Lehrer und Autor, legt in seinem Kommentar zu Sutra 3.1 Wert auf die individuelle Natur der Konzentration. Er erklärt, dass jeder Praktizierende eine Methode finden muss, die für ihn oder sie am besten funktioniert. Desikachar betont auch die Wichtigkeit von Geduld und Hingabe in der Praxis und ermutigt die Praktizierenden, sich nicht entmutigen zu lassen, wenn sie anfangs Schwierigkeiten haben, ihren Geist zu fokussieren.
  • Swami Prabhavananda und Christopher Isherwood
    In ihrem gemeinsamen Kommentar zu Sutra 3.1 verweisen Swami Prabhavananda und Christopher Isherwood auf die Bedeutung der Konzentration als Vorbereitung für die Meditation. Sie betonen die Notwendigkeit, den Geist zu zähmen und ihn auf ein Objekt oder einen Punkt auszurichten, um die Unruhe des Geistes zu überwinden. Die Autoren empfehlen, sich auf ein spirituelles Symbol oder eine heilige Silbe zu konzentrieren, die für den Praktizierenden von besonderer Bedeutung ist.
  • Swami Jnaneshvara Bharati
    Swami Jnaneshvara Bharati, ein zeitgenössischer Yogalehrer und Kommentator, gibt in seinem Kommentar zu Sutra 3.1 praktische Anweisungen, wie man die Konzentration üben kann. Er schlägt vor, verschiedene Methoden auszuprobieren, um herauszufinden, welche am besten für den Praktizierenden geeignet ist. Dazu gehören beispielsweise das Fokussieren auf den Atem, das Beobachten der Gedanken oder das Wiederholen eines Mantras. Swami Jnaneshvara betont die Bedeutung von Ausdauer und Hingabe in der Praxis und ermutigt die Praktizierenden, ihre Konzentrationsfähigkeit Schritt für Schritt zu entwickeln.

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14. Praktische Anwendung von Sutra 3.1 im Alltag

Um Sutra 3.1 in die Praxis umzusetzen, kannst du darüber hinaus die folgenden Schritte ausprobieren:

  • Die Grundübung für jeden Tag: Wähle ein Objekt der Konzentration: Beginne damit, ein Objekt oder einen Punkt zu wählen, auf den du deinen Geist während der Konzentration richten möchtest. Dies kann ein äußeres oder inneres Objekt sein, wie z.B. eine Kerzenflamme, dein Atem oder ein Mantra.
  • Übe regelmäßig: Um deine Konzentration zu verbessern, ist es wichtig, regelmäßig zu üben. Setze dir täglich eine bestimmte Zeit für deine Konzentrationspraxis, z. B. 10–20 Minuten am Morgen oder Abend.
  • Beginne mit kurzen Zeiträumen: Wenn du anfangs Schwierigkeiten hast, deinen Geist auf das gewählte Objekt zu fokussieren, beginne mit kurzen Zeiträumen und verlängere diese allmählich, wenn deine Konzentration besser wird.
  • Lerne, Ablenkungen loszulassen: Während der Konzentration können unweigerlich Gedanken und Ablenkungen auftreten. Lerne, diese Gedanken wahrzunehmen und sie ohne Urteil loszulassen, indem du deine Aufmerksamkeit immer wieder sanft auf das gewählte Objekt zurückführst.
  • Integriere die Konzentration in deinen Alltag: Versuche, die Prinzipien der Konzentration auch in deinen täglichen Aktivitäten anzuwenden. Sei achtsam und präsent bei dem, was du tust, und versuche, deine Aufmerksamkeit auf die Aufgabe zu richten, die du gerade ausführst. Sei zum Beispiel bei einem Gespräch ganz bei deinem Gesprächspartner.
  • Übe Yoga-Asanas mit allen Sinnen, sei ganz bei der Empfindung, spüre.
  • Fahre in der Meditation deine Bewusstheit immer mal wieder ganz hoch, um deine Konzentrationskraft zu stärken.
  • Gehe voll bewusst/konzentriert spazieren. Denke daran, dass du dich immer nur auf eine Sache gleichzeitig konzentrieren kannst, z. B. den Gesang der Vögel oder das Gefühl an deinen Fußsohlen.

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15. Übungsvorschlag zu Sutra III-1

Probiere im Laufe dieser Woche fünf verschiedene Objekte der Konzentration aus. Was klappt für dich am besten?

Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung

 

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16. Exkurs: Konzentration im Buddhismus

16.1. Was ist die Bedeutung von Konzentration im Buddhismus?

Im Buddhismus spielt Konzentration eine zentrale Rolle, insbesondere in Bezug auf Meditation und geistige Entwicklung. Konzentration, auch als Samadhi oder Samatha bekannt, ist einer der Hauptaspekte des buddhistischen Achtfachen Pfades, der als Weg zur Befreiung von Leiden und zur Erleuchtung gilt.

Wim van den Dungen schreibt: “Für Buddha ist Konzentration das Werkzeug, das die Hindernisse auf dem Weg zur spirituellen Emanzipation beendet, ja, sogar die subtilen Ursachen dieser Hindernisse, die Fesseln oder geistigen Selbsteinkerkerungen, beseitigt, was zum Ende des Leidens führt, zuerst persönlich und dann zum Nutzen aller anderen fühlenden Wesen.“

Wim van den Dungen weiter: “Im buddhistischen Tantra, sei es in den Niederen Tantras, den Höheren Tantras oder im Ati-Yoga, und in den ihnen vorausgehenden Sûtra-Praktiken werden ebenfalls paranormale Fähigkeiten („siddhi“) erwähnt.” Später schreibt er: “Die magischen, paranormalen Kräfte zeigen Errungenschaften an und sind somit Wegmarken, die die eigene Position auf dem schrittweisen Pfad messen.”

In der Lehre Buddhas übt man die Konzentrations-Meditation (auch), “um zu einer tiefen, ungestörten Ruhe zu gelangen, die in der Lage ist, das Geschehen zu untersuchen” und wird „Ruhiges Verweilen“ bzw. „Shamatha“ genannt.

Darauf baut dann die Einsichtsmeditation („vipashyanâ“) auf. Eine gewisse Stille des Geistes muss ausreichend fundiert sein, damit die aktive Weisheitseinsicht zur Blüte gelangen kann.

Die Bedeutung von Konzentration im Buddhismus lässt sich in folgenden Aspekten zusammenfassen:

  • Beruhigung des Geistes
    Durch Konzentration wird der Geist beruhigt und von den zahlreichen Ablenkungen des Alltags befreit. Das hilft, inneren Frieden und Klarheit zu finden und ist eine wichtige Grundlage für tiefere Einsichten und spirituelle Entwicklung.
  • Entwicklung von Achtsamkeit
    Konzentration und Achtsamkeit (Sati) gehen im Buddhismus Hand in Hand. Durch die Schulung der Konzentration wird die Fähigkeit zur Achtsamkeit verbessert, was wiederum dabei hilft, den Geist im gegenwärtigen Moment zu halten und Klarheit über die eigenen Gedanken, Emotionen und Handlungen zu erlangen.
  • Konzentration als Vorbereitung für Vipassana-Meditation
    Im Buddhismus gibt es zwei Haupttypen von Meditation: Samatha (Konzentrations- oder Ruhemeditation) und Vipassana (Einsichtsmeditation). Samatha-Meditation zielt darauf ab, den Geist zu beruhigen und die Konzentration zu schulen, während Vipassana-Meditation darauf abzielt, tiefere Einsichten in die Natur der Realität und letztendlich zur Befreiung von Leid zu erlangen. Die Entwicklung von Konzentration durch Samatha-Meditation bildet eine wichtige Grundlage für die effektive Praxis der Vipassana-Meditation.
  • Förderung von geistigen Qualitäten
    Durch die Schulung der Konzentration können positive geistige Qualitäten wie Mitgefühl, Geduld, Weisheit und innere Freude gefördert werden. Diese Qualitäten sind im Buddhismus von zentraler Bedeutung und tragen dazu bei, ein harmonisches Leben zu führen und letztendlich zur Erleuchtung zu gelangen.
  • Überwindung von Hindernissen
    Die Fähigkeit, sich zu konzentrieren, hilft dabei, die sogenannten "Fünf Hindernisse" (Begierde, Ablehnung, Trägheit, Unruhe und Zweifel) zu überwinden, die spirituelles Wachstum und Fortschritte auf dem buddhistischen Weg behindern können. Durch Konzentration und Achtsamkeit können diese Hindernisse erkannt und letztendlich überwunden werden.
  • Erlangung von Jhana-Zuständen
    Im Buddhismus wird die Fähigkeit zur tiefen Konzentration als Voraussetzung für das Erreichen von Jhana-Zuständen angesehen. Jhanas sind meditative Zustände tiefer Versenkung und geistiger Reinheit, die durch aufeinanderfolgende Stufen der Konzentration erreicht werden können. Diese Zustände sind nicht das endgültige Ziel im Buddhismus, gelten aber als wichtige Meilensteine auf dem Weg zur Erleuchtung.

Insgesamt ist Konzentration im Buddhismus ein entscheidendes Element auf dem Weg zur Befreiung von Leiden und zur Erleuchtung. Die Schulung der Konzentration unterstützt die Entwicklung von Achtsamkeit, die Förderung positiver geistiger Qualitäten, das Überwinden von Hindernissen und das Erreichen tieferer meditativer Zustände. Durch regelmäßige Meditationspraxis und die Anwendung von Konzentration im Alltag können wir unsere geistige Klarheit und innere Stabilität stärken und letztendlich ein erfüllteres und bewussteres Leben führen.

Es ist wichtig zu betonen, dass Konzentration im Buddhismus nicht als isoliertes Ziel gesehen wird, sondern als integraler Bestandteil des achtfachen buddhistischen Pfades und der gesamten buddhistischen Praxis. Die anderen Elemente des Achtfachen Pfades, wie zum Beispiel die richtige Sichtweise, die richtige Absicht, die richtige Rede, das richtige Handeln und die richtige Lebensführung, sind ebenfalls entscheidend für ein harmonisches Leben und den Weg zur Erleuchtung.

Zusammengefasst spielt Konzentration im Buddhismus eine zentrale Rolle für die geistige Entwicklung und die Praxis der Meditation. Durch die Schulung der Konzentration können wir unsere Achtsamkeit stärken, Hindernisse überwinden und letztendlich tiefe Einsichten gewinnen, die uns dabei helfen, uns von Leid zu befreien und ein erfülltes Leben zu führen.

16.2. Anapanasati Sutta – Achtsamkeit des Atmens

Hier passt der folgende Text: „Anapanasati Sutta (Majjhima Nikaya 118)“, Achtsamkeit des Atmens, aus dem Pali übersetzt von Thanissaro Bhikkhu, aus dem Englischen übersetzt von Peter Bödeker

„Es gibt den Fall, dass ein Mönch, nachdem er in die Wildnis, in den Schatten eines Baumes oder in ein leeres Gebäude gegangen ist, sich hinsetzt, die Beine über Kreuz verschränkt, seinen Körper aufrecht hält und die Achtsamkeit in den Vordergrund stellt. Immer achtsam, atmet er ein; achtsam atmet er aus.

  1. Lang einatmend, erkennt er, dass er lang einatmet; oder lang ausatmend, erkennt er, dass er lang ausatmet.
  2. Oder kurz einatmend, erkennt er, dass er kurz einatmet; oder kurz ausatmend, erkennt er, dass er kurz ausatmet.
  3. Er übt sich darin, einfühlsam für den ganzen Körper einzuatmen und einfühlsam für den ganzen Körper auszuatmen.
  4. Er übt sich darin, einatmend die körperlichen Vorgänge zu beruhigen und ausatmend die körperlichen Vorgänge zu beruhigen.
  5. Er übt sich darin, einfühlsam in die Verzückung (oder Freude) einzuatmen, und einfühlsam in die Verzückung auszuatmen. 
  6. Er trainiert sich, lustempfindlich (bzw. für Glück empfänglich) einzuatmen und lustempfindlich auszuatmen.
  7. Er übt sich darin, sensibel für mentale Prozesse einzuatmen und sensibel für mentale Prozesse auszuatmen.
  8. Er übt sich darin, beruhigende geistige Prozesse einzuatmen und beruhigende geistige Prozesse auszuatmen.
  9. Er übt sich darin, einfühlsam für den Geist einzuatmen und einfühlsam für den Geist auszuatmen.
  10. Er übt sich darin, den Geist befriedigend einzuatmen und den Geist befriedigend auszuatmen.
  11. Er übt sich darin, beruhigend auf den Geist einzuatmen und beruhigend auf den Geist auszuatmen.
  12. Er übt sich darin, einatmend den Geist zu befreien und ausatmend den Geist zu befreien.
  13. Er übt sich darin, einatmend sich auf Unbeständigkeit zu konzentrieren, und ausatmend sich auf Unbeständigkeit zu konzentrieren.
  14. Er übt sich darin, einatmend sich auf Leidenschaftslosigkeit [wörtlich: Verblassen] zu konzentrieren und ausatmend sich auf Leidenschaftslosigkeit zu konzentrieren.
  15. Er übt sich darin, einatmend sich auf das Aufhören [die Befreiung] zu konzentrieren, und ausatmend sich auf das Aufhören zu konzentrieren.
  16. Er übt sich darin, auf das Aufgeben (Loslassen) fokussierend einzuatmen, und auf das Aufgeben fokussierend auszuatmen."

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17. Fazit

Sutra 3.1 aus dem Yogasutra ist ein zentrales Prinzip, das den Weg zur Meditation und Selbstverwirklichung aufzeigt. Durch das Verständnis der Übersetzung, Bedeutung und Kommentare zu diesem Sutra können wir lernen, wie wir unsere Konzentration verbessern und unseren Geist fokussieren können. Eine regelmäßige Praxis der Konzentration (Dharana) ist dabei unerlässlich und hilft uns, allmählich den Geist von Ablenkungen zu befreien und uns auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Die praktische Anwendung von Sutra 3.1 im Alltag kann auch dazu beitragen, unseren Geisteszustand zu verbessern und uns in anderen Bereichen des Lebens, wie Arbeit oder persönliche Beziehungen, fokussierter und präsenter zu machen. Durch das Verankern des Geistes in der Konzentration können wir schließlich tiefer in die Praxis der Meditation (Dhyana) eintauchen und uns auf dem Weg zur Selbstverwirklichung und Erleuchtung weiterentwickeln.

Insgesamt bietet Sutra 3.1 eine wichtige Anleitung, um die Praxis des Yoga zu vertiefen und die Vorteile der Konzentration im täglichen Leben zu nutzen. Indem wir uns bemühen, diese Lehren zu befolgen und in unsere Praxis zu integrieren, können wir Schritt für Schritt Fortschritte auf unserem spirituellen Weg machen und ein tieferes Verständnis unserer wahren Natur erlangen.

 

18. Ergänzungen und Fragen von dir

Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?

Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

 

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19. Videos zu Sutra III-1

Sukadev zur Sutra III-1

Länge: 21 Minuten

Youtube-Video

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Video von Asha Nayaswami zur Sutra

Asha Nayaswami zu Sutra III-1 bis III-3

Länge: 70 Minuten

Youtube-Video

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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