zwerg meditation vogel 250svaviṣaya-asaṁprayoge cittasya svarūpānukāra-iv-endriyāṇāṁ pratyāhāraḥ
स्वविषयासम्प्रयोगे चित्तस्य स्वरूपानुकार इवेन्द्रियाणां प्रत्याहारः

Wir nähern uns dem Ende des 2. Kapitels des Yoga Sutra. Hier erläutert Patanjali in zwei Sutras Pratyahara, das „Zurückziehen der Sinne“, dem fünften Glied des Achtfachen Yoga-Pfades.

In II-54 wird Pratyahara eingeführt und erläutert ► Welche Sinne sind gemeint? ► Wie übe ich Pratyahara? ► Was sind die Früchte von Pratyahara? ► Übersetzungsalternativen ► aktuelle und frühe Kommentare zur Sutra ► ...

Inhalt: Yogasutra Kapitel 2, Vers 54

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1. Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrits

Hier sind zunächst die Übersetzungsmöglichkeiten für die einzelnen Wörter, damit du die Übersetzung selbst für ein besseres Verständnis anpassen kannst:

  • Sva = eigen; eigene; entsprechend; sein;
  • Vishaya, viṣaya = Objekt; Gegenstand; Wahrnehmbares; Phänomen; Umstand; Bedingung;
  • Sva-visaya = Selbstidentifikation mit getrennten Objekten; eigene Objekte; übliche Objekte;
  • A = nicht;
  • Samprayoge, saṁprayoge, samprayoga = in Berührung kommen; vereinen; zusammenkommen; Zusammenkunft;
  • Asamprayoge, asamprayoga = nicht in Berührung kommen; Abkopplung; Loslösung (von); Entflechtung; trennen; nicht zusammenkommen;
  • Citta = Geist; Verstand; das Wandelbare im Menschen; Geistfeld; Bewusstsein; meinendes Selbst;
  • Rupa, rūpa = Form;
  • Svarupa, svarûpa = eigene Natur; eigene Form; eigenes Wesen;
  • Anukara, anukârah = übernehmen; nachahmen; annehmen; Nachahmung; Ähnlichkeit; wie die Projektion eines Bildes auf eine Leinwand;
  • Eva, iva = als ob; (so) wie;
  • Indriya, indriyânâm = durch die Sinne; durch die Wahrnehmungsorgane; die energetische Dynamik der Sinne; der Sinnesorgane;
  • Pratyahara, pratyâhârah = Zurückziehen; Abstraktion; nicht nähren (wörtlich); nach innen richten der Sinne; Verinnerlichung des Geistes und der Energie; Hinwendung nach innen; Rückwendung zur Quelle; Rückzug; Ablenkung, Weglenkung; Sinnesanbindung ans Innere;

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2. Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Hervorhebungen weisen auf Besonderheiten der jeweiligen Übersetzung hin. Übertragungen aus dem Englischen sind Eigenübersetzungen.

  • Roots: „Pratyāhāra bezeichnet hier eine Loslösung der Sinne von ihren Objekten, was dazu führt, dass die Sinne die Ähnlichkeit des Geistes selbst annehmen.“
  • Sukadev: „Wenn die Sinne nicht in Kontakt mit den Objekten treten ...“
  • Deshpande/Bäumer: „... die Sinne ... in das Eigenwesen des Geistes eingehen ...“
  • Dr. R. Steiner: „... so die wandelbare Natur des Menschen (Chitta) der wahren Natur ähnlich wird ...“
  • Coster: „-“
  • Feuerstein: „Ziehen sich die Sinne ... zurück und ahmen damit ... die Wesensform des Bewusstseins nach ...“
  • R. Palm: „... ist ... Nachahmung der Eigengestalt des Bewusstseins ...“
  • R. Sriram: „... die Orientierung der Sinne nach innen ... nicht wie in der gewohnten Weise mit äußeren Objekten verbinden ...“
  • Govindan: „... Sinne von ihren eigenen Objekten zurückziehen ... der eigenen Gedankenform ähnlich werden ...“
  • Iyengar: „... von den äußeren Gegenständen abzuziehen ... auf das Eigenwesen des Bewusstseins ... zu richten ...“
  • Chip Hartranft: „Wenn sich das Bewusstsein durch Abkopplung von äußeren Objekten verinnerlicht, tun dies auch die Sinne; dies wird als Rückzug der Sinne bezeichnet.“
  • R. Skuban: „Pratyahara ist ... die Natur des Bewusstseins nachahmen.“
  • T.K.V. Desikachar: „Pratyahara geschieht, wenn der Geist [seine gewählte Richtung beibehält] ... und die Sinne sich nicht wie gewöhnlich mit den Objekten ... verbinden ...“
  • G. Pradīpaka: „Pratyāhāra oder das Zurückziehen (pratyāhāraḥ) der ... 5 ... Wahrnehmungskräfte ... (indriyāṇām) (ist) gleichsam (iva) ein Folgen (anukāraḥ) der essentiellen Natur (sva-rūpa) des Geistes (cittasya) (durch eben jene Indriya-s), wenn sie von ihren (entsprechenden) (sva) Objekten (viṣaya) getrennt (asamprayoge) sind.“
  • 12koerbe.de: „indem sie mit ihrem Eigenbereich nicht mehr zusammenwirken, ...“
  • Hariharananda Aranya: „Wenn die Organe von ihren entsprechenden Objekten getrennt sind, folgen sie sozusagen der Natur des Geistes, das nennt man Pratyahara (Zurückhaltung der Sinnesorgane).“
  • I. K. Taimni: „Pratyahara oder Abstraktion ist sozusagen die Nachahmung des Geistes durch die Sinne, indem sie sich von ihren Objekten zurückziehen.“
  • Swami Satchidananda: „Wenn die Sinne sich von den Objekten zurückziehen und sozusagen die Natur des Geistes nachahmen, ist das Pratyahara.“
  • Swami Prabhavananda: „Wenn sich der Geist von den Sinnesobjekten zurückzieht, ziehen sich auch die Sinnesorgane von ihren jeweiligen Objekten zurück, und so sagt man, dass sie den Geist imitieren.“
  • Swami Vivekananda: „Das Heranziehen der Sinnesorgane geschieht, indem sie ihre eigenen Objekte aufgeben und die Form des Geistes annehmen.“
  • Wim van den Dungen (buddhistischer Kommentar zum Yogasutra): „Sinnesentzug ist gleichsam die Nachahmung der eigenen Bewusstseinsform durch die Sinnesorgane, indem sie sich von ihren Objekten trennen.“
  • Rainbowbody: „Der zugeschriebene Besitz eines vermeintlich separaten Selbst wird von den Färbungen und falschen Identifikationen des Geistesfeldes (cittasya) losgelöst (sva-visaya-asamprayoge), wenn die wahre Natur des Selbst (svarupa) sogar durch das Vehikel der Sinnesorgane (ivendriyanam) zurückgespiegelt (anukara) wird, wenn sie als in ihrer unberührten natürlichen wahren Form (swarupa) befindlich erkannt werden. Dann werden die Phänomene als das gleiche Selbst erkannt - das Gewahrsein, das das Gewahrsein kennt, wie es ist, in nackter Selbstbefreiung. Dies wird die Rückkehr zur wahren natürlichen Form durch Pratyhara genannt - das Verweilen in der eigenen essentiellen Selbst-Natur (Swarupa).“
  • Sir Gaṅgānāth Jhā: „Die Abziehung ist gleichsam die Übernahme der ursprünglichen Natur des Geistes durch die Sinne aus Mangel an Anwendung auf ihre (jeweiligen) Objekte.“
  • James Haughton Woods: „Die Zurücknahme der Sinne ist gleichsam die Nachahmung des Geistes selbst seitens der (Sinnes-)Organe, indem sie sich von ihren Objekten trennen.“
Zu den Quellen

Buchbesprechungen, Erläuterungen zur Auswahl der Übersetzungsvarianten und allgemeine Hinweise zur Sutraübersetzung findest du im zugehörigen Artikel. Hier nun die Kurzauflistung:

Bücher

Internetseiten

Dein Übersetzungsvorschlag

Du findest die bisherigen LeserInnen-Übersetzungen und -Ergänzungen unten.

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Wie würdest du diese Sutra übersetzen? Manchmal ergeben schon kleine Wortveränderungen ganz neue Aspekte. Trau dich ... :-)

 

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Antwort 1
Von den äußeren Sinneseindrücken zurückziehen und die Wahrnehmung nach innen richten.

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3. Wo wir stehen

Hier findest du eine kurze Zusammenfassung des 2. Kapitels des Yogasutras

Yoga Sutra - 2. Kapitel - bis hierher

Wir befinden uns im zweiten Kapitel des Yogasutra von Patanjali. Es handelt von der „Praxis“. Patanjali beginnt das Kapitel mit dem Versprechen, dass Yoga die Leiden des Yogis vermindere und (irgendwann) zu Samadhi, zur allumfassenden Freiheit führe.

In Sutra II-3 bis II-11 schildert Patanjali die fünf Haupt-Hindernisse auf dem Yogapfad, die sogenannten Kleshas (Unwissenheit, Anhaftung, Ablehnung, Ego, Lebensdrang). Erste Wege zur Überwindung der Hindernisse werden angerissen (Gegenschöpfung, Meditation).

Sutra II-12 bis II-15 handeln von Karma (Folgen von Handlungen und Gedanken, die aufgrund der Kleshas geschehen) und dem inhärenten Leid von allem und jedem in dieser Welt. Grundübel ist dabei unsere Identifikation mit dem, was wir nicht sind.

Dann geht es bei den Sutras weiter mit den Schritten, das Leiden zu besiegen. Patanjali sieht es als „die“ Aufgabe des Yogis an, den Unterschied zwischen Sehenden und Gesehenem zu erkennen. Nach und nach sollte diese Erfahrung kultiviert und ausgebaut werden. So gelange man zur Freiheit – Kaivalya (auch mit „letzter Freiheit“, Isoliertheit (Alleinheit), höchster Befreiung oder „vollkommener Erlösung“ übersetzt.

Nachdem Patanjali in den Sutras II-18 und II-19 über Prakriti, die Natur/unsere Welt, gesprochen hat, geht er dann auf deren Beobachter, den Seher (Purusha) und dessen Wahrnehmung ein. Von Sutra II-20 bis Sutra II-27 erläutert Patanjali Grund und das Zustandekommen unserer Existenz, wie die Unwissenheit unser Dasein bestimmt und  dass Viveka Khyati, die Unterschreidungskraft oder unterscheidende Wahrnehmung, dauerhaft angewendet unsere Unwissenheit beendet. In den Sutras II-28 bis Sutra III-8 gibt Patanjali die konkrete Praxisempfehlung Ashtanga Yoga, um unser falsches Bild von der Welt – das Leid verursacht und unsere Befreiung verhindert – auch ohne großes spirituelles Talent zu überwinden. Den achtfachen Pfad des Raja Yoga, des königlichen Yoga.

In Sutra II-30 zählt Patanjali auf, was zur ersten Stufe des Pfades, den Yamas, gehört, in II-31 betont er deren universelle Gültigkeit. In II-32 listet er die Niyamas auf, die yogischen Empfehlungen für den Umgang mit uns selbst. In II-33 und II-34 benennt er, welche Folgen sich daraus ergeben, wenn unser Geist sich weigert, die Yamas und Niyamas zu befolgen und was wir dagegen tun können: die Kultivierung des gegenteiligen Gedankens/Zweifels (Pratipaksha Bhavana). Die Sutra II-35 (Ahimsa-Nichtverletzen) bis II-39 (Aparigraha-Begierdelosigkeit) schildern die besonderen Kräfte und Fähigkeiten, die ein Mensch erlangt, wenn er die Yamas tief in sich verwurzelt. In den Sutras II-40 bis II-45 schildert Patanjali die segensreichen Folgen Einhaltung der Niyamas

Sutra II-46 bis II-48 handeln von Asana, der (Sitz-)Haltung. Patanjali fordert hier: 

  • II-46: unbewegt und bequem
  • II-47: entspannen und auf das Unendliche ausrichten
  • II-48: wenn gemeistert, frei von Dvandvas (Gegensatzpaaren)

In Sutra II-49 bis II-53 kommen wir zur vierten Stufe des achtfachen Pfades (nach Yama, Niyama und Asana): dem Pranayama. Iyengar: „Pranayama .... ist für den Yoga das, was das Herz für den menschlichen Körper ist“.

In Sutra II-50 erläutert Patanjali, was Pranayama beinhaltet und wie es geübt wird. In Sutra II-51 ergänzt Patanjali eine geheimnisvolle vierte Art des Pranayamas. In Sutra II-52 verspricht Patanjali, dass Pranayama den Schleier über unserer Wahrnehmung auflöst und wird (Sutra II-53) fähig zu tiefer Konzentration.

In den letzten beiden Sutras des zweiten Kapitels (II-54 und II-55) geht es um das fünfte Glied des Achtfachen Pfades: das Zurückziehen der Sinne, Pratyahara genannt.

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4. Welche Sinne sind gemeint?

Im Allgemeinen werden darunter die fünf bekannten Sinnesfunktionen

  1. Hören,
  2. Riechen,
  3. Sehen,
  4. Fühlen und
  5. Schmecken

verstanden. Doch können die Sinne auch weiter gefasst werden. R. Sriram meint, dass mit „Sinne“ im Yogasutra nicht nur diese fünf weithin bekannten Sinnesfunktionen gemeint seien. Vielmehr gehören auch

  • Sprechen,
  • mit Händen gestalten,
  • Gehen,
  • Verdauen und
  • sexuelle Zusammenkunft

dazu. Auch diese („fünf Organe des Handels“) seien Tore, welche uns die Außenwelt erfühlen lassen. Ähnlich äußert sich Iyengar.

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5. Warum Pratyahara nach Pranayama?

Auch Pranayama (Atemübungen) beruhigt Sinne und Geist. Aber dennoch neigt der Geist zum sofortigen Abschweifen, wenn er einen Sinneseindruck übermittelt bekommt. Govindan: „Pranayama allein reicht nicht aus, um den unruhigen Geist zu zügeln, weil die Sinne ... ständig aktiv sind.“ Bei aktiven Sinnen ist das Bewusstsein bei den Sinnenesobjekten und der Yogi kann sein wahres Selbst nicht wahrnehmen.

In der Bhagavad-Gita wird die Welt als ein Schlachtfeld bezeichnet, eine Schlacht des Menschen gegen seine Sinne bzw. gegen die Welt, die uns ablenken will.

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6. Was bedeutet „Die Sinne zurückziehen“?

Den Augensinn zu schließen ist einfach: Wir schließen einfach die Lieder. Auch das Gehör können wir „lahmlegen“, indem wir uns an einen stillen Ort begeben – das Fehlen eines Tinnitus vorausgesetzt. Schmecken, Fühlen und Riechen sind nicht so einfach vom Außen abzuziehen.

R. Sriram verweist darauf, dass unsere Sinne wie offene Türen wären. Sie lassen nützliche und störende, erwünschte und unerwünschte Informationen hinein.

Im Schlaf hingen, so R. Palm, seien die Sinne nach innen gerichtet. Darum spüren wir den Stich der Mücke nicht.

Pratyahara ist das Bindeglied zwischen den vier äußeren Stufen des achtfachen Pfades und den drei inneren Stufen (Dharana – Konzentration, Dhyana – Meditation, Samadhi).

Sukadev: „Anstatt die Sinne weiterhin unkontrolliert nach außen gehen zu lassen, lernen wir die Fähigkeit, die Sinne nach innen zu bringen und so in unserem Inneren zu bleiben.“

Wim van den Dungen übersetzt Pratyahara mit „Sinnesentzug“ und sieht es als das „letzte äußere Glied“ des Achtfachen Yoga an.

Deshpande/Bäumer schreiben, dass die Sinne „im Geist zur Ruhe gelangen“. Und „Diese Ruhe ist eigentlich das existentielle Wesen des Geistes.“

Rainbowbody: „Pratyahara ist der Prozess der Rückbesinnung auf die Energie und die wahre Selbsterkenntnis. ... wie das Ausschalten des Fernsehers ist, dann werden die Sinnesorgane, der Geist und die Energie nicht mehr in das Fernsehprogramm hineingesaugt. “

Steiner: „Pratyāhāra heißt wörtlich übersetzt: das Fasten. Dieses Fasten bezieht sich nicht auf die Nahrungsaufnahme, sondern auf die Sinne als Ganzes.“ Es gelte, „emotionale Harmonie“ zu erlangen.

Iyengar bleibt im Bild: die Sinne „verlieren den Geschmack an ihren Gegenständen“. Beim Pratyahara würden die Sinne nach innen auf die Erkenntnis der Seele gerichtet.

Andere vergleichen Pratyahara mit einer Schildkröte, die ihre fünf Glieder nach innen zieht.

Folgen äußerer Sinneseindrücke

Nebenbei bemerkt: Auch wenn die Sinne nach außen gerichtet sind, würde der Yogi bestimmte Sinnesobjekte vorziehen. Das Betrachten eines verehrten Heiligen hat sicherlich andere Geisteszustände und Gefühle zur Folge als das Anschauen gewaltverherrlichender Videos. Govindan: „Wir übernehmen zwangsläufig die Formen, die die Sinne hereinlassen.“ Swami Satchidananda: „Die Sinne sind wie ein Spiegel. Wenn sie nach außen gerichtet sind, spiegel sie dieses wieder, werden sie nach innen gerichtet, reflektieren sie das reine Licht.“ Darum würden bei religiösen Festen in Indien alle Sinne mit „heiligen Einflüssen“ bedient: wundervollen Blumen, spiritueller Musik, ätherischen Düften und gesegneten Speisen.

Aus diesem Grund legt der yogische Weg auch eine kluge Zügelung dessen nahe, auf das wir unsere Sinnesobjekte richten.

Ziel ist es, den Geist von der Anziehungskraft der Sinnesobjekte zu lösen, damit die Gedanken zur Ruhe zu bringen und so zu tiefen Erkenntnissen in Richtung Befreiung zu gelangen.

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7.  Wie ziehe ich meine Sinne vom Außen ab?

Wie erreiche ich Pratyahara? Manche sagen, Pratyahara stellt sich automatisch mit dem Vertiefen und Verlängern des Atems beim Pranayama ein.

Andere raten zu dezidierter Konzentration auf das Innere. Hierfür gibt es verschiedene Techniken. Beispiele:

  • Konzentration auf den Atem
  • Mantrawiederholung
  • Ein Gebet sprechen
  • Eine Entspannungsübung mit Körperwahrnehmung (z. B. den Bodyscan) durchführen
  • Immer mal wieder über den Tag die Sinne voll konzentriert in das Innere des Körpers bzw. auf die eigene Gedankenwelt richten. Dabei die Umgebung möglichst ausblenden.

Augen auf oder zu beim Meditieren?

Wim van den Dungen: „In der hinduistischen Tradition bedeutet Sinnesentzug, mit geschlossenen Augen zu meditieren. Im Buddhadharma sind die Augen nie ganz geschlossen, sondern nur teilweise.“ Letzteres sei dann zu bevorzugen, wenn man dem mittleren Weg des Buddha folgen wolle, der „alle Extreme vermeidet“. Mit seiner Umgebung in der Meditation verbunden zu bleiben, alles achtsam ohne innere Reaktion weiterhin wahrzunehmen, stehe auch für Mitgefühl mit allen Wesen. Völliger Rückzug – geschlossene Augen – stehe für Abkehr von der Welt.

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8. Pratyahara im Alltag

Drei Vorschläge:

  • Versenke dich ganz in ein Tun, mache es ganz konzentriert, lasse dich ganz absorbieren. Sukadev: „So bekommst du Zugang zu intuitiven Wissen.“
  • Konzentriere dich im Laufe des Tages immer mal wieder völlig auf ein Geräusch, einen Geruch, einen Geschmack, ein Körperempfinden. Gehe nicht sofort dem Sinneseindruck nach, sondern beobachte, was aufgrund des Sinneseindruckes/Gefühles in dir passiert, welche Gedanken und/oder Emotionen ausgelöst werden.
  • Nehme den Achtfachen Pfad mit in deine Asana-Praxis auf. Beruhige und verlängere zunächst deinen Atem in der Stellung. Dann ziehe die Sinne vom außen zurück und spüren im Inneren die Auswirkungen der jeweiligen Stellung.

Kannst du einen Vorschlag für „Pratyahara im Alltag“ ergänzen?

Vielen Dank für jede Anregung:

 

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9. Fortgeschrittenes Pratyahara erkennen

Auch bei Pratyahara macht Übung den Meister. Woran erkenne ich meinen Fortschritt? Sukadev: „Du bemerkst nicht, was im Außen geschieht.“ Culadasa hingegen: „Du bemerkst alles, aber du fällst nicht aus der Konzentration.“ Somit sei „weniger als die Hälfte des Prozesses“ als Rückzug oder Verzicht anzusehen.

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10. Mögliche Fehler beim Pratyahara

Rainbowbody weist darauf hin, dass Pratyahara nicht oberflächlich angewendet werden sollte, als Negation, Selbstverleugnung, Flucht, Gleichgültigkeit, Vermeidung oder Verdrängung. Einfach nur die Sinne zu betäuben oder sich von der Welt zu distanzieren, „wird nicht zur endgültigen Verwirklichung führen, sondern lediglich eine vorübergehende Flucht vor dem Schmerz bewirken. ... Vielmehr handelt es sich um einen transformativen Prozess, bei dem die Energie und Aufmerksamkeit (cit-prana) von einem Ort ... zu einem ... Integrationszustand verschoben wird.“

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11. Die Früchte von Pratyahara

Win van den Dungen: „Indem wir den Einfluss der Sinne zurückziehen, fördern wir die Ruhe des Geistes.“ Er verweist darauf, dass aus Experimenten bekannt ist, dass längerer Sinnesentzug das „Auftauchen unvermuteter mentaler Objekte“ bewirkt. Unbewusste Geistesinhalte, die normalerweise von den Sinneseindrücken am Auftauchen gehindert werden. Sinnesentzug macht uns dieser unbewussten Objekte bewusst(er).

„Wer seine Sinne von den äußeren Objekten wie eine Schildkröte ihre Glieder unter ihren Panzer zurückziehen kann, dessen Weisheit schwankt nicht.“

Bhagavad Gita, Kapitel 2, Vers 58

Man kann Pratyahara auch als ein Gewinn an Freiheit betrachten. Und zwar Freiheit von den Einflüssen der Sinneseindrücke. Denn wir neigen dazu, auf Sinneseindrücke zu reagieren. Was dann schlecht ist, wenn wir unsere Konzentration auf etwas anderes halten wollen bzw. Gedankenruhe anstreben, dem (Zwischen-)Ziel des Yoga:

Yoga Sutra I-2: Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Bewegungen im Geist

Zur Sutra

Rainbowbody: „Pratyahara bringt den Yogi in direkten Kontakt mit dem ursprünglichen Gewahrsein sowohl im Inneren als auch im Äußeren. ... Letztlich ist Pratyahara der Prozess der Rückführung einer abgelenkten Aufmerksamkeit/Geisteshaltung zurück zur Geist-Essenz oder essentiellen eigenen Natur.“

Swami Sivananda:

„Mit Pratyahara beginnt das wahre innere spirituelle Leben.“

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12. Kommentar zu Sutra II-54 von Vyasa aus dem Yoga-Darśana

(Eigenübersetzung der Übertragung von Ganganatha JHA)

Aus dem Ausbleiben der Anwendung auf ihre jeweiligen Objekte ergibt sich sozusagen die „Annahme der ursprünglichen Natur des Geistes“ - das heißt, wenn der Geist unterdrückt wird, brauchen die Sinne, die ebenfalls unterdrückt werden, keine anderen Mittel, wie die Kontrolle der anderen Sinne (d.h. wenn ein Sinn durch ein bestimmtes Mittel unterdrückt wird, braucht die Unterwerfung der anderen Sinne andere Mittel), sondern aus der Unterdrückung des Geistes folgt die der Sinne direkt. So wie die Bienen mit der Königin der schwarzen Bienen fliegen und sich ausruhen, nachdem diese sich ausgeruht hat, so werden durch die Unterdrückung des Geistes auch die Sinne unterworfen - und das macht die Abziehung der Sinne aus.

Alternative Übersetzung: Kommentar Vyasa von Rama Prasad

Alternative Übersetzung Kommentar Vyasa von Rama Prasad

Was ist nun die Zurücknahme der Sinne?

54. „Die Zurücknahme der Sinne ist gleichsam die Nachahmung des Geistes selbst seitens der (Sinnes-)Organe, indem sie sich von ihren Objekten trennen.“

Wenn es keine Verbindung mit ihren eigenen [Sinnes-]Objekten gibt, werden die [Sinnes-]Organe in Nachahmung des Geistes, wie er in sich selbst ist, gleichsam eingeschränkt.

Wenn der Geist eingeschränkt ist, werden sie [die Sinnesorgane] wie der Geist eingeschränkt. Sie bedürfen keiner weiteren Hilfe, wie dies bei der Unterwerfung der Sinne der Fall ist.

So wie wenn die Königsbiene [= der Geist] auffliegt, fliegen die Bienen [die Sinnesorgane] ihm nach; und wenn er sich niederlässt, lassen sie sich nach ihm nieder.

Wenn also der Geist eingeschränkt wird, werden die [Sinnes-]Organe eingeschränkt. Das ist also der Rückzug der Sinne.

Erläuterungen zum Kommentar von Vyasa von Vachaspati Mishra

Erläuterungen zum Kommentar von Vyasa von Vachaspati Mishra
in der Übersetzung von Rama Prasad

Der [Yogi], der sich auf diese Weise [sprich durch Yama, Niyama und Pranayama] durch Enthaltungen und andere [Hilfsmittel] verfeinert hat, beginnt um der Beschränkung [im Englischen: constraint] willen mit dem Zurückziehen der Sinne.

Um das Sutra einzuführen und sein charakteristisches Merkmal darzulegen, stellt er die Frage: „Nun?“ Das Sutra beginnt mit dem Wort 54. ... selbst und endet mit den Worten „Zurückziehen der Sinne“.

Der Geist ist auch nicht in Kontakt mit den [verschiedenen Arten von Dingen], Klängen und so weiter, die Verliebtheit, Anhaftung und Ärger hervorrufen.

Und weil er nicht in Kontakt mit ihnen ist, sind auch das Auge und die anderen Organe nicht in Kontakt.

Das ist es, was man die Nachahmung der Geistesinhalte durch die Sinne nennt.

Weil, wenn der Geist sich auf eine Wesenheit niederlässt, die Organe dieses [Geistes] nicht als Nachahmung des Geistes bezeichnet werden können, da ihr Objekt immer außerhalb liegt, sagt er [Vyasa] deshalb: „Nachahmung ... gleichsam.“

[In der Verbindung, die] mit dem Wort ihr Eigenes (sva) beginnt, zeigt er durch den Lokativ [im Wort abhave], dass der Grund, warum der Geist nachgeahmt wird, die Eigenschaft ist, die [dem Geist und den Organen] gemeinsam ist, nämlich die Abtrennung von ihren eigenen Sinnesobjekten.

Er führt [die Bedeutung der] Nachahmung aus, indem er sagt: „Wenn der Geist eingeschränkt ist.“

Die Ähnlichkeit besteht darin, dass die Anstrengung, die die Einschränkung von beiden verursacht, ähnlich ist. Hier gibt er ein Gleichnis *, indem er sagt: „So wie wenn die Königsbiene.“ Er wendet [das Gleichnis] auf die dargestellte Sache an, indem er sagt: „So“.

Zu diesem Punkt [zitiert er] auch einen Satz aus dem Vishnu Purana 2 [vi. 7. 43]: „Ein im Yoga geübter Mensch, der die Organe, die an [die verschiedenen Dinge], an den Klang usw. gebunden sind, zurückgehalten hat, sollte sie dazu bringen, den Geist zu imitieren, indem er auf die Zurückziehung der Sinne bedacht ist.“

Und das Motiv dafür wird an derselben Stelle [vi. 7. 44] gezeigt: „Bei den Menschen, die unbewegt [englisch: motionless] geworden sind, ist das Ergebnis dieses [Rückzugs] die vollkommene Beherrschung der Organe. Ein Yogi mit unbeherrschten [Organen] kann den Yoga nicht vollenden.“

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13. Ergänzungen und Fragen von dir

Ist etwas unklar geblieben? Kannst du etwas ergänzen oder korrigieren?

Der Stoff der Sutras ist für uns heutige Menschen nicht leicht zu verstehen. Ist im obigen Text irgendetwas nicht ganz klar geworden? Oder kannst du etwas verdeutlichen oder berichtigen? Eine eigene Erfahrung schildern ... Vielen Dank vorab für jeden entsprechenden Hinweis oder eine Anregung:

 

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14. Übungsvorschlag zu Sutra II-54

Achte die kommende Woche darauf, auf was du im Alltag deine Sinne richtest und welche Folgen sich daraus in deinem Inneren (Gedanken, Gefühle) ergeben.

Meine Erkenntnisse/Erfahrungen bei/mit dieser Übung

 

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15. Videos zu Sutra II-54

Sukadev zur Sutra II-54 bis Sutra II-55

Länge: 24 Minuten

Youtube-Video

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Video von Desikachar zur Sutra

Desikachar Video zu Sutra II-54 bis II-55

Länge: 48 Minuten

Youtube-Video

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Video von Asha Nayaswami zur Sutra

Asha Nayaswami zu Sutra II-46 bis II-55

Länge: 70 Minuten

Youtube-Video

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16. Beliebt & gut bewertet: Bücher zum Yogasutra


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16.1. Alte Schriften auf Yoga-Welten.de

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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