buddha ruecken 250
Shraddhâ–vîrya–smriti–samâdhi–prajnâ-pûrvaka itareshâm
श्रद्धावीर्यस्मृति समाधिप्रज्ञापूर्वक इतरेषाम्

In dieser Sutra wird Patanjali angenehm konkret. Er richtet sich an uns Fußvolk, die nicht von Geburt aus Begnadigten. Wir brauchen vier oder fünf Mittel, um uns dem Ziel des Yoga zu nähern.

Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrit

  • Shraddha, shraddhâ = Glaube, Vertrauen, innere Überzeugung, starkes Interesse, tiefe Hingabe;
  • Virya, vîrya = Stärke, fester Wille, Energie; Kraft, Handlungsbereitschaft; Mut, Würde;
  • Smriti = Gedächtnis; Erinnerung;
  • Prajna = Wahrnehmung, Erkenntnis, Wissen / Ahnung; Achtsamkeit;
  • Samadhi-Prajna, samâdhi–prajñâ = „hohes Wissen“, scharfer Intellekt, wesentlich für Samadhi;
  • Purvaka, pûrvaka = dem vorangeht; geht voraus; verbunden mit;
  • Itaresâm = für andere (Menschen);

 

schnecke wille 564

Wille!

Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

  • Deshpande übersetzt einfach: "Die anderen ... erreichen ... Samadhi durch Glauben, Mut, Erinnerung, Sammlung und Weisheit." Ähnlich Iyengar: "Die anderen Menschen müssen ...".
  • Coster setzt scharfe eigene Akzente: "Der Schüler, der das Ziel ... erreichen will, muss bereit sein, alles andere zu opfern. Er bedarf der Energie, der genauen Erinnerung an frühere Erfahrungen und eines guten Unterscheidungsvermögens." Coster verweist darauf, dass die exakte Erinnerung an vergangene Erfahrungen auch eines der Hauptziele der Psychoanalyse sei.
  • Swami Prabhavananda deutet so: "Die Konzentration des wahrhaften Spirituellen kann durch Glauben, Erinnerung und Kontemplation über Einsicht kommen."
  • Manchmal liest man "Andere erreichen die innere Stille durch ..."

Die fünf Mittel

Eliade fasst in einer Fußnote auf Seite102 zusammen: !Patanjali nennt hier fünf Mittel, durch den ein Yogi den Asamprajnata erreicht".

1. Den Glauben an den Weg des Yoga

Das dürfte klar sein. Wer nicht zuerst ein wenig an die Verheißungen des Yogas glaubt, wird sich nicht auf den Weg machen. Später wird dieser Glaube durch eigenen Erfahrungen gestärkt.

2. Die Energie, diesen Weg zu gehen

Sukadev ergänzt, dass Energie, die wir in den Yogaweg stecken, uns wieder frische Energie zuführt, so dass wir unsere Anstrengungen weiter ausbauen können. Iyengar schreibt ähnlich, dass der Schüler nach dem Erreichen von Samprajnata Samadhi seine Energie in den Yogaweg noch einmal verstärken muss, um zu Asamprajnata Samadhi zu gelangen und nicht steckenzubleiben.

3. Gedächtnis

Wahrscheinlich ist das Erinnerungsvermögen, uns an die Gründe zu erinnern, diesen Weg zu gehen, gemeint. Aber auch die Geistesarbeit, uns über den Tag ständig auf die Yogapraxis zu besinnen. Coster sieht es so, dass hiermit die Klarheit über vergangene Erfahrungen gemeint ist.

4. Samadhi

Das Wissen um und später das eigene Erleben dieses besonderen Bewusstheitszustandes.

5. Weisheit/Wissen (Prajna)

Sukadev fasst die letzten beiden Punkte zu samadhi-prajna zusammen und nennt dies hohes Wissen/Bewusstsein. Man brauche dies, um jederzeit achtsam durch die Welt zu gehen.

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Von Glaube und Zweifel

Zweifelt man an einem dieser Wege, sieht Vijnana Bhiksu immer noch die Gnade Gottes als mögliches Mittel zum Asamprajnata Samadhi.

Iyengar schreibt auf Seite 114, dass Glaube nur eine unzureichende Übersetzung von Sraddha sei. Der Schüler müsse zudem mental und intellektuell gefestigt sein. Er sieht (siehe unten) in dieser Sutra eine dezidierte Aufforderung Patanjalis an den Schüler, seine Anstrengungen zu intensivieren. Sraddha sei dann ein "Vertrauen", dass der Schüler durch Offenbarung und Bewusstsein bestätigt findet.

Sutra I-20 als Alternative für Normalsterbliche

Deshpande schreibt auf Seite 46/47: Den Wesen mit Körper wird neben dem yogischen Weg (bei Patanjali der achtfache Pfad) in dieser Sutra I-20 ein alternativer, vierfacher Befreiungsweg angeboten, wenn diese sich nicht für das "Nicht-Wählen (er meint Citti Vritti Nirodha)" entscheiden können oder wollen. Diese bräuchten etwas, an das sie glauben können. Deshpande sieht Sutra I-20 so, dass diesen Menschen hier der Glaube an die "Disziplin des Yoga" vorgeschlagen wird. Der intensive Glaube an den Yoga entfalte eine eigene Kraft, die zur Quelle von Energie wird. Diese Energie führe zu einem Zustand der Sammlung, der ebenfalls eine erhellende Schau ermöglicht, welche gleichfalls zu Samadhi führt.

meditation alter meer 564

Sutra I-20 als Mutmacher

Iyengar sieht in dieser Sutra eine Ermunterung und einen Fingerzeig für diejenigen, die bereits eine gewisse Tiefe im Samadhi verwirklicht haben. (Upaya-Pratyaya laut dem Kommentator Vyasa). Er verweist ebenfalls auf die Geschichte von Jada Bharata, der kalt und gefühllos wurde, als er Samadhi erfuhr. Er brauchte dann mehrere Leben, um wieder an seinen einmal erreichten Zustand anzuknüpfen und im Samadhi fortzuschreiten.

Ursprung im Buddhismus

Die Formulierung in dieser Sutra findet sich ganz ähnlich in Buddhas Lehrreden (Buddhadharma) von den fünf geistigen Fähigkeiten bzw. Heilskräften:

  • Vertrauen
  • Wille/Tatkraft
  • Achtsamkeit/Achtsamkeitsgegenwart
  • Sammlung/Herzenseinigung
  • Weisheit

Einige Kommentatoren meinen, Patanjali habe diese Sutra direkt aus Buddhas Lehre entnommen.

{tab Übung}

uebung sutre

Übungsvorschlag für die kommende Woche:

Suche dir eines der in Sutra I-20 genannten fünf Mittel heraus und übe es in dieser Woche auf unterschiedlichen Ebenen: Festige beispielsweise den Glauben an deinen Weg, indem du dir Erfahrungsberichte anschaust und eigene Erfahrungen in Erinnerung rufst. Oder suche nach frischer Energie in Form von Nahrung, Yoga-Übungen, inspirierender Lektüre oder einem Waldlauf. Oder gehe in dieser Woche einige Schritte in Richtung Weisheit, indem du z.B. gnädiger in deinem Urteil gegenüber anderen bist, vergangene Erfahrungen reflektierst oder diese Anregung der Woche gehst. Sei einfach kreativ, lebe die Sutra. So kommst du auf dem Yoga-Weg voran. Das reine Lesen bewirkt meist wenig ...

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{tab Verwandte/ergänzende Sutras}

Verwandte/ergänzende Sutras

Siehe zu I-20:

kugel schweben natur 250Bhava-pratyayo videha-prakṛti-layānām
भवप्रत्ययो विदेहप्रकृतिलयानाम्

In den Sutras I-19 und I-20 geht es um "mittlere Samadhi-Zustände". Es ist nicht ganz klar, ob sich Patanjali mit "dieses/dieser" auf den Asamprajnata Samadhi allgemein oder den Zwischenzustand Virama Pratyaya aus Sutra I-18 bezieht. So unterscheiden sich die Übersetzungen erheblich und bieten ein schönes Beispiel dafür, wie unterschiedlich das alte Sanskrit gedeutet werden kann. Ich finde es trotzdem nützlich, sich die unterschiedlichen Deutungen vor Augen zu führen. Wir können sie in unserem Geist abwägen und die jeweilige Deutung in unserem eigenen Leben überprüfen.

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wasser tropfen 250

Virâma–pratyayâ-abhyâsa–pûrvah samskâra–seso nyah
विरामप्रत्ययाभ्यासपूर्वः संस्कारशेषोऽन्यः

 

Wir tauchen tiefer in die Welt des Samadhi ein. Sutra I-18 erläutert Virama-Pratyaya. Dieser Zustand muss schon sehr wonnevoll und reich an intuitiven Erkenntnissen sein. Aber Achtung! Es droht Gefahr ... 

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 auge feld 250Vitarka–vichâra-ânandâ-asmitâ-rupa-anugamât samprajñâtah
वितर्कविचारानन्दास्मितारुपानुगमात्संप्रज्ञातः

Es ist hochinteressant, wie (unterschiedlich) sich der Weg hin zum und der Entwicklungsverlauf im Samadhi vollzieht. Bei der Deutung von Sutra I-17 weisen die Übersetzungen jedoch deutliche Unterschiede auf. Was nicht verwundert, da wir in einen Bereich des Yoga vordringen, der erst nach langer Praxis erreicht wird: Samadhi. Zudem werden die Erfahrungen hier subjektiv durchlebt und können schwer in Worte gefasst werden.

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Videos zu Sutra I-20

Leider verbleiben nur noch englische Videos, die sich mit dieser Sutra beschäftigen. Wenn du ein deutschsprachiges Video kennst, nenne es bitte unten in den Kommentaren. Danke!

Dr. Kausthub Desikachar zu Sutra I-20:

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{tab Nayaswami Asha}

Nayaswami Asha zu Sutra I-20

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Swami Nikhilananda Saraswati zu Sutra I-19 bis I-24

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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