Yoga Sutra Vairagya
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Yoga Sutra I-12: Die bewusste Kontrolle der Bewegungen im Geist wird durch Übung und Verhaftungslosigkeit erlangt
Abhyâsa–vairâgyâbhyâm tan–nirodhah
अभ्यासवैराग्याभ्यां तन्निरोधःIn den folgenden Sutras wendet sich Patanjali einem neuen Bereich zu. Es geht um zwei zentrale Konzepte (oder Prinzipien bzw. Vorgehensweisen) für die eigene spirituelle Entwicklung:
Abhyasa und Vairagya
Übung und NichtanhaftenSomit kann auch diese Sutra als grundlegend eingeordnet werden. Sie begründet die tägliche Praxis des Yogi und fordert eine bestimmte Geisteshaltung zu "weltlichen Dingen" und emotionalen Verstrickungen.
Eine Geschichte verdeutlicht die anzustrebende Geistesverfassung...
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Yoga Sutra I-15: Verhaftungslosigkeit ist erreicht, wenn das Verlangen nach sichtbaren und unsichtbaren Dingen erloschen ist
dṛṣṭa-anuśravika-viṣaya-vitṛṣṇasya vaśīkāra-saṁjṇā vairāgyam
दृष्टानुश्रविकविषयवितृष्णस्य वशीकारसञ्ज्ञा वैराग्यम्In dieser Sutra beschreibt Patanjali den Endzustand des Übens der Nicht-Anhaftung. Interessant ist, dass viele Kommentatoren diese Sutra dahingehend auslegen, dass Patanjali hierbei auch das Begehren rein spiritueller Wonnezustände im Auge hatte. Sivananda hält (ein wenig) dagegen.
Müssen wir unseren Willen bemühen oder kommt die Freiheit durch das Yoga-Praktizieren quasi "von alleine"?
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Yoga Sutra I-16: Das Nichtbegehren nach den Elementen der Erscheinungswelt führt zur Wahrnehmung des wahren Menschen, des Purushas - die höchste Form der Verhaftungslosigkeit
Tatparaṁ puruṣa khyāte rguṇa vaitṛṣṇyam
तत्परं पुरुषख्यातेर्गुणवैतृष्ण्यम्In dieser Sutra geht es um die Frucht fortgeschrittener yogischer Praxis. Patanjali formuliert, dass wir durch den irgendwann voll integrierten Verzicht in der Lage sein werden, unser wahres Selbst (Purusha) von dem zu unterscheiden, was nicht unser wahres Selbst ist. Dadurch sinkt das Begehren weiter. So kann uns die Freude des Purushas immer häufiger erreichen.
Doch wie werde ich zum unbeteiligten Betrachter meines eigenen Lebens?
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Übung zu Sutre I-12
Übungsvorschlag für die kommende Woche:
Formuliere aus, was für dich momentan "beharrliches Üben" und "Verhaftungslosigkeit" bedeutet. Beantworte schriftlich: Wann willst du üben? Besteht dein Üben nur aus der Yogastunde oder willst du weitere Bereiche deines Lebens zum Üben nutzen. Wen ja: Welche?
Ebenso: Wo willst du in Zukunft Verhaftungslosigkeit/Nicht-Anhaftung anstreben? Werde konkret. Benenne auch, wo du dich erst einmal nicht heranwagst (z.B. Gleichmut bei Lob und Tadel, in deiner Partnerschaft etc.)