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Maitrî–karunâ–muditopeksânam sukha–duhkha–punyâpunya–vishayânâm bhâvanâtash chitta prasâdanam
मैत्री करुणा मुदितोपेक्षाणांसुखदुःख पुण्यापुण्यविषयाणां भावनातः चित्तप्रसादनम्

 

Sutra I-33 gibt Empfehlungen zu Tugenden, die ein Yogi zur Unterstützung seines Weges entwickeln sollte. Satchidananda schreibt: "Egal ob du dich am Erreichen von Samadhi interessiert zeigst oder vorhast, den Weg des Yoga völlig zu ignorieren, würde ich dir raten, zumindest diese Sutra zu erinnern."

Die hier gegebenen Empfehlungen seien "very helpful", im täglichen Leben einen friedlichen Geist zu bewahren.

Bedeutung und Übersetzung des verwendeten Sanskrit

  • Maitri = Freundlichkeit; Empathie; Liebe;
  • Karuna = Mitgefühl; Hilfsbereitschaft; Mitleid; Mitempfinden;
  • Mudita = Frohsinn; positive Bestätigung; Freude; bestärkende Zuwendung; Ermutigung; Begeisterungsfähigkeit;
  • Upektsanam = vergebungsvolles Hinwegsehen; Gleichgültigkeit; Fehlerfreundlichkeit; Nichtbeachtung; verständnisvolles Abstandhalten;
  • Sukha = Freude, Glück; glückliche Situation;
  • Duhkha = Leid, Elend; unglückliche Situation;
  • Punya = Tugend; (Zeit des) Erfolg(s);
  • Apunya = Laster; Misserfolg; Untugend;
  • Visayanam = Ziele;
  • oder zusammen: apunya visaya = eine missglückte Situation;
  • Bhavanatah = durch Kultivierung von Haltungen, durch Verweilen in Gedanken;
  • Citta = Verstand; Geist; das wandelbare Wesen des Menschen;
  • Prasadanam = Klärung, Läuterung; Harmonisierung; Klarheit;

 

Übersetzungsvarianten und -hinweise (Quellen)

Die meisten Übersetzungen schreiben, dass man obige vier Tugenden üben sollte und zusätzlich die Gleichgültigkeit gegen die vier Erscheinungen, so. z.B.

  • Hariharananda Aranya: "Der Geist wird geklärt durch die Kultivierung von ...". Dann zählt er alle vier Tugenden (Mitgefühl, Freundlichkeit ...) und die vier Punkte auf, denen man indifferent gegenüber stehen sollte (Erfolg, Misserfolg ...).
  • 12koerbe.de "... bewirkt man Bewusstseins-Abgeklärtheit".
  • Barbara Miller: "Ruhe des Denkens kommt durch ...".

Govindan bietet eine andere Übersetzungsinterpretation, bezieht die jeweiligen Punkte zueinander. Er schreibt, dass man

  • "... Freundlichkeit gegenüber den Glücklichen und Mitgefühl gegenüber den Unglücklichen" praktizieren solle. Auf der anderen Seite solle man "Freude gegenüber den Tugendhaften und Gleichmut gegenüber den Untugendhaften" üben, um den eigenen Geist in Ruhe zu halten.
  • Ganz ähnlich übersetzt Satchidananda.
  • Ähnlich auch Skuban: "... dem Glück anderer freundlich zugewandt ... ehrliche Freude über Gutes ... Gelassenheit gegenüber dem Negativen".
  • R. Srirams Variante liegt in der Mitte: "Citta ... wird ... klar, wenn wir ... aus innerer Einstellung ... freundlich, hilfsbereit, begeisterungsfähig und verzeihend gegenüber Menschen verhalten", die gerade glücklich oder unglücklich sind oder die sich gerade lobenswert oder sogar ächtenswert verhalten.
  • Costers Variante: "Durch ... seelisch geistige Haltungen wie Sympathie, Mitleid und Fröhlichkeit."

Ebenfalls recht unterschiedlich fällt Iyengars Übersetzung aus:

  • "Durch Verwirklichung von Güte, Mitgefühl, Freude und Gelassenheit" soweit noch ähnlich, doch dann wird er allgemeiner: "... gegenüber Lust und Schmerz, Tugend und Laster" würde unser Geist "abgeklärt".

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Allumfassende Sutra

Der buddhistische Mönch Thich Nhât Hanh schreibt: " Wenn du lernst, Liebe, Freude und Gleichmut zu praktizieren, wirst du wissen, wie die unheilsamen Geistzustände von Zorn, Kummer, Unsicherheit, Traurigkeit, Hass, Einsamkeit und Anhaften zu heilen sind!" (Quelle)

Die Entwicklung der vier Tugenden ist essentieller Bestandteil des buddhistischen Weges.

Satchidananda auf Seite 54: "Diese Sutra war das führende Licht in meinem Leben, um stets einen gelassen Geist zu bewahren." Wobei für ihn anspornend die hier geforderte Gelassenheit stets Heiterkeit zur Folge hatte.

 

Anders als üblich

Eliade schreibt auf Seite 45ff, dass ein Mensch die Citta-Vrittis (Bewegungen des Geistes) zunächst (achtsam) erfahren haben muss, bevor er diese kontrollieren und zur Ruhe bringen kann. Damit erklärt sich das Paradoxe in (von) der Schöpfung, einerseits alle Erfahrungen zu geben (die Welt ist da, warum schadet es, wenn wir danach streben, uns daran zu erfreuen?) und gleichzeitig den Yogi dazu anzuhalten, sich von diesen Erfahrungen zu befreien.

Eliade weiter: Der Weg des Yoga verlange eine Daseinsweise völlig konträr zu unserem "normalen" Handeln.

 

Stufe zum Ziel

Als Erfüllungsgehilfen von Sutra I-2 zielen auch die Empfehlungen dieser Sutra auf einen stillen Geist. Deshpande (S. 61) sieht eine sich gegenseitige Verstärkung: "Wenn der Geist still und kristallklar ist, erzeugt er ein Gefühl der grenzenlosen Freundlichkeit oder Liebe, das die ganze menschliche und außermenschliche Welt umfasst."

 

haende zur hilfe 564

Die vier Tugenden

1) Maitri

Den anderen akzeptieren, aufmerksam zuhören, ihn liebevoll anzusehen, anerkennen. (Ein schönes Sanskritr-Wort, hiernach habe ich prompt eine Romanfigur benannt.)

Govindan interpretiert: "Wohlwollen gegenüber den Glücklichen (sukha). Er und Satchidananda ermuntern dazu, sich des Gefühles des Neides und der Kritik an den (scheinbar) Erfolgreichen zu entledigen und stattdessen auf diese innerlich mit Freundlichkeit zu reagieren, diesen zu seinem Freund zu machen. Satschidananda: "Neid zerstört deine innere Gelassenheit."

 

2) Karuna

Die Beweggründe des anderen spüren. Zwischen den Zeilen seiner Worte lesen. In Nöten hilfreich zur Seite stehen. Aber auch Mitfreuen.

Govindan sieht in Karuna einen Bezug auf Duhkha: Mitgefühl gegenüber denen, die leiden. Gemeinsam mit Satchidananda beschwört er den Yogi, nicht hochmütig den Leidgeplagten aufgrund seiner karmisch-eigenverschuldeten Probleme zu verurteilen. Im Karma mögen die Gründe liegen oder auch nicht, darüber solle man nur in eigenem Leben nachsinnen.

Dem Anderen gegenüber sei vielmehr (ehrliches) Mitgefühl angebracht. "Wenn du eine helfende Hand reichen kannst, tue es!" Teile dein Brot.

Ob das eigene Mitleid dem Anderen nun helfe oder nicht, einem selbst ist durch diese Tugend auf jeden Fall geholfen (weil der Geist gelassen bleibt).

 

nationalitaeten globus 564

 

3) Mudita

Eine positive Geistesverfassung. Gemeint ist hier auch die positive Bestätigung des Anderen.

Govindan sieht hierin die Aufforderung, sich an den Tugendhaften (Punya) zu erfreuen und nicht in Zorn über negative Menschen zu geraten. In die gleiche Kerbe schlägt auch hier Satchidananda (nahezu völlig übereinstimmend), wenn er fordert, vorbildhaftes Verhalten bei anderen freudvoll wahrzunehmen und nachzuahmen.

Stattdessen allerdings, so mahnt er, – wohl jeder wird es kennen – reden wir reflexhaft einen solcherart Hervorstechenden klein oder relativieren sein Verhalten.

Und wie sollen wir uns bösen Menschen gegenüber verhalten? Jeder trifft hin und wieder auf solche. Satchidanda rät (in Bezug auf diese Sutra) zu Gleichgültigkeit. Folgender Gedanke könne helfen: "Ok, einige Menschen sind so. Wahrscheinlich war ich in der Vergangenheit auch so. Und bin ich nicht jetzt eine bessere Person? So wird es dieser in der Zukunft sicherlich auch sein."

Böse (wicked) Menschen nehmen selten einen Rat an, darum solle man sich (laut Satchidananda) nicht unnötig bemühen, man verliere nur den eigenen inneren Frieden. Diesbezüglich erzählt er eine kleine Geschichte:

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Nach einer alten Hindhu-Geschichte aus dem Panchatantra.

An einem winterlichen Tag beobachtete ein Spatz aus seinem trockenen Nest heraus einen Affen, der missmutig im kalten Regen auf dem Ast gegenüber saß. In bester Absicht erteilte er dem Affen einen Rat. Dabei hätte er besser geschwiegen ...

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4) Upeksa

Gleichmut gegenüber allen und allem, nicht erzwungen, sondern optimalerweise auf Einsicht in die wahre Natur basierend. Wer eine unsterbliche Seele als gegeben nimmt, kann auch größtem Kummer gleichmütig gegenüberstehen. In zwischenmenschlichen Beziehungen gelte: Fehler des anderen freundlich gegenüberzustehen, über sie "liebevoll hinwegsehen".

Govindan spricht in diesem Zusammenhang das Phänomen, dass wir beim anderen gerade das ablehnen, was wir selbst in uns tragen. Sein Rat: "Sieh einfach über die Fehler des anderen hinweg", prüfe nur dich.

Iyengar schreibt (S. 124) hier etwas strenger: "... und auch denen, die trotz aller Bemühungen, sich zu bessern, dem Laster verhaftet bleiben, mit wohlwollender Neutralität zu begegnen."

 

... auch ein Beziehungsratgeber

Dr. Ronald Steiner verweist darauf, dass die Entwicklung der vier Tugenden die Basis für eine gelungene menschliche Beziehung, welcher Form auch immer, darstellen. Deren Kultivierung "verändert unsere Wahrnehmung".

Er betont, dass dies auch für die wichtigste Beziehung im Yoga, die zu dir selbst, gilt. Für den Yogalehrer seien sie zudem eine vielversprechende Basis eines guten Unterrichts.

 

Die Faden-Übung

Steiner schildert bei Aufkommen von Groll über jemand anderen seine folgende Übung: Er stellt sich einen Faden vor, der einen selbst mit der anderen Person verbindet. Dann projizier er Liebe über diesen Faden auf den anderen und dankt für die gemeinsame Erfahrung. Im nächsten Schritt schneidet er diesen Faden durch und erlebt dadurch, dass diese Person nun nicht mehr Teil seiner inneren Erfahrung ist.

 

uebung sutre

Übungsvorschlag für die kommende Woche:

Übe diese Woche die Eigenschaftsmeditation zu einer der obigen Tugenden. Alternativ probiere dich an der Metta-Meditation aus dem Buddhismus. Beide werden in folgenden Videos erläutert:

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Fazit

Satchidananda fasst zusammen: Habe immer die vier Schlüssel Freundlichkeit, Mitgefühl, Freundlichkeit und Gleichmut in deinem Gepäck. Wenn du den richtigen Schlüssel zur jeweiligen Person anwendest, wirst du deinen Frieden behalten. Iyengar ergänzt, dass diese Geisteshaltungen zur Gesundheit einer ganzen Gesellschaft führen würden.

Siehe auch die Yama-Gebote in II-30:

richtig falsch 250Ahimsâ-satyâsteya-brahamacharyâparigrahâ yamah
अहिंसासत्यास्तेय ब्रह्मचर्यापरिग्रहाः यमाः

Kern des Yogasutra und damit auch des Raja-Yoga sind die acht Elemente des achtfachen Pfades. Die Yamas sind die erste Etappe auf diesem Pfad. In Verbindung mit den Niyamas helfen diese Regeln und Einschränkungen dem Yogi dabei, heiter, ruhig und entspannt zu bleiben und sie fördern den spirituellen Fortschritt. Zudem glätten sie den zukünftigen Lebenspfad des Yogi, so dass dieser kein Leid befürchten muss und zukünftig weiter gute Bedingungen für seine Yoga-Bemühungen vorfinden wird.

Das sind Gründe genug, die Yamas und Niyamas genau anzuschauen und zu verstehen. Wir – und Patanjali – starten in II-30 mit den Yamas.

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In den rechten Tabs finden sich Videos zu dieser Sutra. Leider nur noch auf Englisch. Zu den ersten Sutra gibt es noch eine Reihe von deutschen Videos, siehe die dortigen Vorschläge.

 

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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