achtsamkeit-buddhismus-u-564.jpg

Was bedeutet Achtsamkeit im Buddhismus? Antworten in der Satipatthana Sutta

Achtsamkeit ist einer der Grundpfeiler der spirituellen Entwicklung, auch oder vor allem auf dem buddhistischen Pfad zur Erleuchtung. Glied 7 des achtfachen Pfades lautet daher "rechte Achtsamkeit".

Nun ist "Achtsamkeit" ein weiter Begriff und wird in vielerlei Zusammenhängen gebraucht. Da stellt sich die Frage: Was hat Buddha konkret darunter verstanden? Wie hat ein Buddhist Achtsamkeit zu praktizieren?

Die Antwort gibt Buddha am deutlichsten in der Satipatthana Sutta, der Lehrrede der Achtsamkeit. Hier findest du eine Zusammenfassung mitsamt einer Kurzfassung der Achtsamkeitsanweisungen als Download zum Ausdrucken.

Download

Du findest die Anweisungen des Buddhas zur Achtsamkeit im Buddhismus auf einer Seite zusammengefasst im Download:

Die Satipatthāna Sutta

{tab Sati = Achtsamkeit}

Die Satipatṭhāna Sutta in der "Mittleren Sammlung" (Majjhima-Nikāya) als 10. Rede wird auch "Die Lehrrede über die Errichtung (Alternativübersetzung: Grundlagen) von Achtsamkeit" genannt. Ganz ähnliche Erläuterungen, nur ergänzt um Ausführungen über die vier edlen Wahrheiten, finden sich im Mahāsatipatṭhāna Sutta der «Langen Sammlung» (Dīgha-Nikāya) als 22. Rede, dort "Die große Lehrrede über die Errichtung von Achtsamkeit" betitelt.

Diese beiden Lehrreden gehören zu den weitverbreitetsten Reden Buddhas und genießen bei den Buddhisten Südostasiens allergrößte Wertschätzung. Sterbenden wird gerne als allerletzte geistige Wegzehrung für die Reise des Geistkontinuums diese Lehrrede mit auf den Todespfad gegeben.

Die Praxis der Achtsamkeit diene, so Buddha, der "Reinigung der Wesen, für die Überwindung von Kummer und Klage, für das Erlöschen von Leid und Trauer, für das Gehen auf dem Pfad der Wahrheit, für die Verwirklichung von Nibbāna." Die Lehrrede zur Achtsamkeit dient zudem als Grundlage der Vipassana-Meditation.

"Satipatthana: der direkte Weg!"

 

Vortrag über die Satipatthana-Suttha

Youtube-Video

Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.

 

Textauszüge aus der Satipatṭhāna Sutta

Im folgenden einige Textauszüge aus der Satipatṭhāna Sutta. Darin wird die Tonalität der Lehrreden deutlich. Dies ist eine Übersetzung aus dem Buch "Roots of Yoga".

Der Beginn: Die vier Grundlagen der Achtsamkeit

Der Erhabene sagte: Mönche, das ist der direkte Weg zur Läuterung der guten Menschen, zur Überwindung von Trauer und Klage, zur Vernichtung von Leid und Trübsal, zur Erreichung der Erlösung [und] für das Erleben von Nirvâṇa: die vier Grundlagen der Achtsamkeit.

Was sind die vier?

In diesen [vier Grundlagen der Achtsamkeit], O Mönche, ein Mönch, nimmt kontinuierlich den Körper als den Körper wahr, eifrig, aufmerksam und achtsam, weltliches Verlangen und Leid verwerfend; er empfindet stets seine Gefühle, eifrig, aufmerksam und achtsam, weltliches Verlangen und Leid verwerfend; er nimmt fortwährend seinen Geist wahr, eifrig, aufmerksam und achtsam ist, weltliches Verlangen und Leid verwerfend;

Und wie, o Mönche, nimmt ein Mönch den Körper kontinuierlich als Körper wahr? Da, O Mönche, geht ein Mönch in den Wald oder an den Fuß eines Baumes oder eines leeren Hauses, setzt sich im Schneidersitz hin, hält seinen Körper aufrecht und pflegt die Achtsamkeit.

Achtsam atmet er aus und achtsam atmet er ein. Tief ausatmend, hat er das Bewusstsein "Ich atme tief aus"; Er atmet lange ein und hat das Bewusstsein "Ich atme lange ein". Leicht ausatmend, hat er das Bewusstsein "Ich atme leicht aus"; flach einatmend hat er das Bewusstsein "Ich atme flach ein".

Er lernt, indem er den ganzen Körper wahrnimmt, während er ausatmet. Er lernt, indem er beim Einatmen den ganzen Körper wahrnimmt. Er lernt, indem er die Körperverbindungen beim Ausatmen beruhigt.

Er lernt, indem er die Körperverbindungen beim Einatmen beruhigt. Genauso, oh Mönche, ist ein geschickter Drechsler oder Drechslergeselle sich dessen bewusst, dass er fest anzieht, wenn er einen festen Zug macht und sich bewusst ist, dass er kurz zieht, wenn er einen kurzen Zug macht, o Mönche, der Mönch ist sich bewusst, dass er lange ausatmet, wenn er ausatmet [...] er lernt, indem er ausatmet, während er die Körperverbindungen beruhigt.

Weiteres Textbeispiel: Achtsamkeit über die Elemente

Und als Nächstes, oh Mönche, denkt ein Mönch darüber nach, wie dieser gleiche Körper in Bezug auf die Elemente errichtet und arrangiert wird und denkt: "In diesem Körper gibt es das Erdelement, das Wasserelement, das Feuerelement und das Windelement."

Auf dieselbe Weise, oh Mönche, dass ein geschickter Fleischer oder ein Fleischerlehrling eine Kuh getötet und in Stücke geschnitten hat, könnte er an einer Kreuzung vierer Wege sitzen [Anmerkung: Vier Wege als Synonym für die vier Elemente], also in der Tat, Mönche, denkt ein Mönch darüber nach, wie dieser Körper gegründet und mit Bezug zu den Elementen angeordnet ist, denkend (oder betrachtend): "In diesem Körper gibt es das Erdelement, das Wasserelement, das Feuerelement und das Windelement."

 

 

Was ist nun Achtsamkeit im Buddhismus? Die Antwort liefert die:

Zusammenfassung der Lehrrede des Satipatthana Sutta – die Achtsamkeit nach Buddha

So habe ich gehört.

Der Beginn jeder Aufzeichnung der Lehrreden, mitgeteilt aus der Erinnerung, da Buddha nichts schriftliches hinterlassen hat.

Buddha spricht in der Satipatthāna Sutta über vier Grundlagen der Achtsamkeit. Diese sind:

1

koerper-sprung-klippe-950.jpg

1) Achtsamkeit auf den Körper (Kāyā)

Buddhas erste Achtsamkeitsforderung bezieht sich auf den Körper. Hierbei unterteilt er sechs Bereiche (a-f):

a) Das Atmen und die dabei auftretenden Vorgänge im Körper

Der Schüler setze sich an einem ruhigen Orte mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet und atme achtsam ein und aus. Dabei nimmt der Schüler jeweils aufmerksam wahr, ob er kurz, tief, flach oder lang atmet. Zudem nimmt er den ganzen Körper beim Atmen wahr und beruhigt diesen bewusst.

Währendessen betrachtet er aufmerksam die Vorgänge im Körper, was darin entsteht und vergeht, ohne geistig an einem dieser Vorgänge anzuhaften.

b) Die Körper-Haltungen Gehen, Stehen, Sitzen, Liegen

Der Schüler ist sich stets gewahr, welche Körperhaltung er gerade einnimmt. "Gehend weiß da der Mönch: Ich gehe" usw. Auch hierbei ist sich er allzeit aufmerksam der jeweiligen Vorgänge im Körper bewusst. Wie immer ohne an irgendeinem Vorgang "anzuhaften".

c) Klares Wahrnehmen dessen, was man gerade tut

Des Weiteren sei der Schüler "wissensklar" bei allem, was er den Tag über tut: essen, schlafen, schauen, auf die Toilette gehen usw. Stets ohne anzuhaften.

d) Reflexionen über die Unreinheit des Körpers

Wie einen mit unterschiedlichen Körnern gefüllten Sack betrachte der Schüler seinen Körper: als angefüllt mit Flüssigkeiten, Knochen und Organen, von Haut, Haaren und Nägeln umhüllt. Als mit "vielerlei Unreinheiten gefüllt".

Die Achtsamkeits-Anweisungen verlassen hier unser klassisches Verständnis von Achtsamkeit, man könnte hier und in den folgenden Anweisungen zur Körper-Achtsamkeit eher von "Bewusstmachung verschiedener Betrachtungsmöglichkeiten über den Körpers" sprechen.

e) Reflexionen über die Elemente des Körpers

Der Schüler möge auch stets der "Elemente" in seinem Körper gewahr werden: "Es gibt da in diesem Körper das Erdelement, das Wasserelement, das Feuerelement und auch das Windelement".

f) Reflexionen über den toten Körper

Nun fordert Buddha den Schüler auf, sich einen toten Körper - aufgedunsen, verfärbt und stinkend - vor Augen zu führen. Dann gedenke er, dass auch sein Körper dieses Schicksal ereilen wird.

Diese Betrachtungen über den Tod werden an vielen Stellen vom Buddha gefordert. Sie dienen der Motivation auf dem Pfad der Erleuchtung und sollen bewusst machen, dass unsere Zeit hier begrenzt ist und der Körper kein Objekt ist, auf dass wir uns verlassen können.

2

gefuehl-affe-frau-950.jpg

2) Achtsamkeit auf Empfindungen und Gefühle(Vedanā)

Der Schüler sei sich des Entstehens, des Vorhandenseins und des Vergehens aller Gefühle stets gewahr. Buddha unterteil die Gefühle in:

  • angenehme oder unangenehme,
  • neutrale und
  • weltliche (sinnengebundene) oder geistige (sinnenfreie)

Gefühle.

Ziel dieser Achtsamkeit ist ein Bewusstwerden des ständigen Flusses und Wandels der Gefühle und der jeweiligen Bewusstheitszustände (dazu mehr in Punkt 3).

Zudem können die Formulierungen in den Lehrreden so gedeutet werden, dass der Schüler die jeweilig wahrgenommen Gefühle und Geisteszustände (kurz, in Gedanken) benennt.

Dabei bleibt der Schüler wie immer stets frei von Anhaftung an eines der Gefühle. Dieser Punkt der Achtsamkeitsanforderungen des Buddhas ist für viele Aspiranten sicherlich eine schwierige Hürde, denn normalerweise haften wir an angenehme Gefühle an und wollen wir unangenehme Gefühlen loswerden. Beides gilt es jedoch im Rahmen der Achtsamkeitspraxis zu überwinden.

3

geist-frau-kopf-950.jpg

3) Achtsamkeit auf Geist oder Bewusstsein(Cittā)

Als dritten Punkt gemahnt der Buddha, sich der Zustände des eigenen Geistes achtsam bewusst zu sein. Doch wie, so fragt der Buddha in die Runde:

"Wie weilt der Mönch beim Geist in der Betrachtung des Geistes?"

Die Antwort liegt wieder im Bewusstmachen und Benennen der jeweiligen Geisteszustände. Buddha strukturiert die Geisteszustände wie folgt:

  • lustbehaftet/begehrend oder lustfrei
  • hasserfüllt oder hassfrei
  • verblendet/irrend oder ohne Täuschung
  • gehemmt/zusammengezogen
  • zerstreut
  • entwickelt/erhaben oder unentwickelt
  • übertreffbar oder unübertreffbar
  • gesammelt/beruhigt oder ungesammelt
  • befreit oder unbefreit

Wie schon gesagt, möge der Schüler das Aufkommen, Verweilen und Abklingen dieser Geisteszustände wahrnehmen und jeweils für sich benennen.

4

buddhisten-jungs-950.jpg

4) Achtsamkeit auf Mentale Inhalte bzw. Elemente der buddhistischen Lehre (Dhammā)

Als letzten Punkt empfiehlt Buddha die Achtsamkeit auf Elemente und Aspekte seiner Lehrreden, dem Dhamma. Konkret nennt er fünf Punkte (a-e).

Achtsames Wahrnehmen des Vorhandenseins oder Nichtvorhandenseins von ...

a) Der fünf Hindernisse (Hemmungen)

Buddha nennt Sinnenverlangen, Hass (Übelwollen), Stumpfheit bzw. Müdigkeit, Aufgeregtheit und (skeptischer) Zweifel.

b) Der fünf Gruppen des Anhaftens

Ein Mensch kann, so Buddha, an Körperelementen, an Gefühlen, an Wahrnehmungen, an geistigen Gestaltungen (Geistesformationen) und am Bewusstsein an sich anhaften.

c) Die sechs Sinnengrundlagen und ihre Fesseln

Der Schüler erkennt, wie Augen, Ohren, Nase, Zunge, Körper und Geist wirken und wie diese zu Geistesgrundlagen werden, die den Schüler fesseln können. Zudem nimmt er deren Vergehen wahr und haftet wiederum an nichts an.

d) Die sieben Faktoren der Aufklärung bzw. Erleuchtung

Der Schüler nimmt ebenso das Vorhandensein, Entstehen und Vergehen der Mittel zur Erleuchtung wahr. Buddha nennt hier Achtsamkeit, Ergründung der Lehre, Tatkraft bzw. Willenskraft, Verzückung, Ruhe (Gestilltheit), Sammlung und Gleichmut.

e) Die vier edlen Wahrheiten

Der Schüler "wacht bei den Geistesobjekten über das Erscheinen der vier heiligen Wahrheiten". Diese enthalten die komplette Lehre des Buddhas und sind:

Alles Bedingte ist Leid
Leid hat eine Ursache
Es gibt ein Ende des Leids
Es gibt einen Weg zum Ende des Leids (den achtfachen Pfad)

Damit enden die Schilderungen zur Ausführung der Achtsamkeit in der Satipatthana Sutta.

Der Lohn der Achtsamkeit

Buddha wird am Ende der Lehrrede konkret: Wer die obigen vier Pfeiler der Achtsamkeit sieben Jahre oder auch nur sieben Tage "behaupten" kann, der wird folgendes erlangen:

  • entweder bereits zu Lebzeiten vollkommenes Wissen/Erleuchtung
  • oder aber, wenn er noch ein wenig anhaftet, wird er zumindest nicht mehr wiederkehren, ist vom leidbehafteten Joch der Wiedergeburten befreit.

"Der einzige Weg", so endet der Buddha in seiner Lehrrede, "der zur Läuterung der Wesen, zur Überwältigung von ... Leiden und Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führt, das sind die vier Pfeiler der Achtsamkeit.'

Wie immer lautet der Abschluss der Lehrrede:

"So sprach der Buddha. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen."

 

{tab Hörbuch}

Ein komplettes Achtsamkeits-Hörbuch nach Buddha-Art:

Youtube-Video

Mit Klick auf dem Button wird eine Verbindung zu Youtube hergestellt und die bei Youtube üblichen Daten erhoben und Cookies gesetzt.

{tab Weitere Artikel zur Achtsamkeit}

{tab Weitere Artikel zum Buddhismus}

Zum Schluss: Der Buddha hat gern Sachen übernommen

... auch aus dem Yoga. Interessantes Interview mit dem Religionswissenschaftler und Meditationslehrer Oliver Petersen auf deutschlandradiokultur.de.

Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

Schlagworte zum Artikel

gratis downloads schmal mh 564

Hier findest Du KOSTENLOS Übungsanleitungen, praktische Hilfen und hochwertige Inhalte zum Gratis-Download.

--> ... zu allen Downloads

Anbieterlinks / Sternchen

* Was das Sternchen neben einigen Verlinkungen bedeutet:

Die Inhalte auf dieser Website sind kostenlos im Internet verfügbar und das soll auch so bleiben. Unsere redaktionelle Arbeit finanzieren wir über Werbung. Links, die mit einem * gekennzeichnet sind, können bei Kauf/Abschluss auf der jeweiligen Website hinter dem Link zu einer Provision an uns führen, weil wir für den Link ein sogenanntes Affiliate-Programm nutzen. Dies beeinflusst aber die Redaktionsarbeit nicht, der Hinweis wäre stets auch ohne den Affiliate-Link erfolgt. Für den Kauf/Abschluss über den Link sind wir natürlich dankbar.