cover mittlere sammlung t 250Es war zur Lebenszeit des Buddhas (563–483 oder 448–368 v. Chr.) in Indien nicht üblich, Texte schriftlich zu verfassen. Der Schrift bediente man sich nur bei Rechtsgeschäften. Religiöse Lehrreden wurden üblicherweise durch Auswendiglernen weitergegeben. Deshalb lautet die Einleitung vieler Lehrreden des Buddha: "So habe ich gehört."

Nach Buddhas Ableben haben Buddhistische Mönche ein erstes Konzil abgehalten, um die Lehre des Buddha für die kommenden Zeiten festzuhalten. Hieraus entstand einige tausend Jahre später die deutsche Fassung der Mittleren Sammlung (Majjhima-Nikaya) von Kay Zumwinkel. Ein Werk, das im Grunde genommen die komplette Lehre des Buddhas enthält.

Beginnen wir damit, die spannende Entstehungsgeschichte der Majjhima-Nikaya nachzuvollziehen und die Textsammlung in die buddhistischen Lehrschriften einzuordnen.

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Erstes Buddhistisches Konzil (Rajagriha)

Sattapanni
Sattapanni-Höhle in Rajagriha (Bihar) überlieferte Stätte des Ersten Buddhistischen Konzils

Das erste buddhistische Konzil („der Fünfhundert“) soll der Überlieferung nach unmittelbar nach dem Tod des Buddha einberufen worden sein. Es heißt, auf diesem Konzil sei der "Korb der Ordensregeln" (der 1. Korb, pali: Vinayapitaka) und der "Korb der Lehrreden" (2. Korb, pāli: "Sutta-Piṭaka", also die Lehre "dharma") zusammengestellt worden.

Der enge Vertraute Buddhas, Ānanda, er war 25 Jahre lang an Buddhas Seite, verfügte über ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Er soll die Lehrreden (Sutta), den 2. Korb wiedergegeben haben. Upāli, bekannt für seine Kenntnisse der Vorschriften, hat den 1. Korb, den Vinaya (die Ordensregeln), dargelegt.

Der 3. Korb, Abhidharma (die "höhere Lehre", das scholastische System der Lehre), war damals noch nicht zusammengestellt. Dieser entstand in späteren Konzilen. Aus den drei Körben entstand so im Laufe der Zeit der sogenannte Pali-Kanon.

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Der Pali-Kanon

Der Pali-Kanon ist der einzige vollständig in einer indischen Sprache erhaltene buddhistische Kanon. Es gibt jedoch mehrere Buddhistische Kanon. Der Inhalt ist in den einzelnen Sprachbereichen nach Zusammensetzung und Umfang mal mehr mal weniger verschieden.

Definition Kanon

Lateinisch kanon: Festgesetzte Ordnung, Regel. In vielfältigen Bedeutungen gebraucht. Hier im Sinne von "Liste von wichtigen und oft als verbindlich oder grundlegend angesehenen Schriften oder Werken in Religion, Literatur, Musik, Kunst und vielen Wissenschaften".

Der Pali-Kanon geht auf die in Hinterindien und Ceylon verbreitete Vibhajyvāda-Sekte der Theravada-Richtung zurück. Der Wortlaut gilt seit dem Entstehen der großen Kommentare im 5. oder 6. Jahrhundert auf Ceylon als gesichert.

Er ist wie alle Buddhistischen Kanon in drei Teile (piṭaka, ‚Korb‘) unterteilt. die wiederum aus mehreren Sammlungen (nikāya), Abteilungen (vagga) und Abschnitten (nipāta) bestehen.

1. Korb: Vinayapitaka − Ordensregeln

2. Korb Sutta-Pitaka − Lehrreden Buddhas
• Digha-Nikaya − Längere Lehrreden
• Majjhima-Nikaya − Mittlere Lehrreden auch: Mittlere Sammlung
• Samyutta-Nikaya − Gruppierte Lehrreden
• Anguttara-Nikaya − Angereihte Lehrreden
• Khuddaka-Nikaya − Kurze Texte

3. Korb Abhidhammapitaka − Abhandlungen, Höhere Lehrreden

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Überlieferungsformen des Pali-Kanons

Bis zum 6. Konzil (im Jahre 1954) war der Pali-Kanon in in vielen buddhistisch geprägten Ländern nur handschriftlich verbreitet. Üblicherweise wurde er auf Palmblättern niedergeschrieben. Insbesondere das vom jeweiligen birmanischen König angeregte erneute Abschreiben war üblich.

Gedruckt wurde dieser Kanon erstmals im späten 19. Jahrhundert. Die Ausgaben der Pali Text Society und die sprachlich heute umstrittene deutsche Übersetzung Karl Eugen Neumanns haben ihn in westlichen Sprachen zugänglich gemacht.

Die erste deutsche Ausgabe des Pali Kanons

Die einzige vollständige Übersetzung des Pali-Kanon-Urtextes ins Deutsche stammt weiterhin von Karl Eugen Neumann und entstand zwischen 1896 und 1902. Diese Übersetzung wird heute teilweise als fehlerhaft und antiquiert angesehen. Sie ist jedoch noch zu haben, in E-Book-Form teilweise gratis oder sehr günstig:



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Die Mittlere Sammlung (Majjhima-Nikaya)

Diese Zusammenstellung der Lehrreden wird "Mittlere" genannt, weil die Lehrreden (Suttas) darin im Vergleich zu denen der "längeren Sammlung" Digha-Nikaya und der "kürzeren Sammlung" Khuddaka-Nikaya zumeist mittellang sind.

Inhalt und Bedeutung der Texte

Die Mittlere Sammlung beinhaltet 152 Sutten, die in drei "Fünfzigergruppen" (Pannasa) zu je 50 bzw. einmal 52 Sutten aufgeteilt sind. Die Sutten bilden keinen aufeinander aufbauenden Zusammenhang, sondern können jeweils für sich gelesen und kontempliert werden.

Es heißt:

"In der Mittleren Sammlung ist im Kern die vollständige Lehre Buddhas enthalten."

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Das Rad der buddhistischen Lehre wurde jahrtausendelang nur mündlich oder handschriftlich weitergegeben

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Die deutsche Neu-Übersetzung der Mittleren Sammlung

Wie es zu der Neuübersetzung kam:

Auf Anregung von Nyanaponika Mahathera förderte die deutsche buddhistische Nonne Ayya Khema ein deutsches Übersetzungsprojekt, welches das Majjhima-Nikaya aus dem Pali direkt ins Deutsche in einer modernen Form und sprachlich korrekt übertragen sollte. Die Neumann-Übersetzung wurde als nicht zufriedenstellen eingestuft. Dieses ehrgeizige Projekt ließ sich jedoch aufgrund seines großen Umfanges zu der Zeit nicht realisieren.

Darum wurde zur zweitbesten Lösung gegriffen. Da die englische Sprache für die meisten Menschen wesentlich leichter ins Deutsche zu übertragen ist und sich dort eine anerkanntermaßen gute Übertragung der Mittleren Sammlung aus dem Pali fand, wurde diese einfach als Basis für eine deutsche Neuübersetzung genommen.

Grundlage war die Übertragung des Mönches Nanamoli (ehemals Osbert John S. Moore), einem britischen Theravada-Buddhisten, der nach seinem Tod 1960 ein entsprechendes Manuskript hinterließ.  Dieses wurde von Bhikku Bodhi (ehemals Jeffrey Block, * 1944, US-amerikanischer theravada-buddhistischer Mönch) überarbeitet und von ihm 1995 als komplette Neuübersetzung der Majjhima Nikaya in englischer Sprache herausgebracht.

Diese englische Ausgabe wurde von Kay Zumwinkel (jetzt Mettiko Bhikkhu) unter Hinzuziehung der Pali-Texte und anderer englischer Übertragungen ins Deutsche übersetzt. In seiner Sprachwahl wurde die deutsche Neuausgabe des Majjhima-Nikaya auf Verständlichkeit für Meditierende und Dhamma-Praktizierende ausgerichtet.

Mittlerweile ist die 4. Auflage in 2017 erschienen. Das Buch beginnt mit einer Schilderung der Entstehung der Übersetzung und einer Einführung in Inhalt und Bedeutung der Mittleren Sammlung. Dabei geht Zumwinkel auf eine Reihe buddhistisch-spezifischer Begriffe sowie die Entstehungsgeschichte einzelne Lehrreden ein, sehr hilfreich ist auch die nach Themen geordnete Übersicht.

Das Buch enthält knapp 1.500 Seiten, ist im Jhana Verlag erschienen und kostet 58 Euro.

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Geschrieben von

Peter Bödeker
Peter Bödeker

Peter hat Volkswirtschaftslehre studiert und arbeitet seit seinem Berufseinstieg im Bereich Internet und Publizistik. Nach seiner Tätigkeit im Agenturbereich und im Finanzsektor ist er seit 2002 selbständig als Autor und Betreiber von Internetseiten. Als Vater von drei Kindern treibt er in seiner Freizeit gerne Sport, meditiert und geht seiner Leidenschaft für spannende Bücher und ebensolche Filme nach. Zum Yoga hat in seiner Studienzeit in Hamburg gefunden, seine ersten Lehrer waren Hubi und Clive Sheridan.

https://www.yoga-welten.de

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