Einst führte ein mächtiger Herrscher, der im Volk aufgrund seiner Weisheit beliebt war, in seinem Land einen Malwettbewerb durch. Gesucht wurde das beste Kunstwerk zum Thema Frieden. Die Kunstschaffenden des Landes machten sich eifrig ans Werk. Zu Hunderten gingen die Darstellungen im Schloss ein. Die große Eingangshalle musste ausgeräumt werden, damit das Auswahlgremium alle Gemälde begutachten konnte.
Am Ende blieben zwei Bilder für die Endausscheidung übrig. Der weise Herrscher sollte das Bessere küren. Seine Wahl überraschte das Volk ...
Der lebenserfahrene Landesherr überlegte zunächst lange, welches Gemälde den Frieden treffender symbolisiere. Tief versunken verharrte er vor den beiden Kunstwerken, die es in die Endauswahl geschafft hatten.
Das eine Bild faszinierte mit meisterhafter Darstellung eines klaren und ruhigen Teiches. Machtvoll aufragende Berge mit weißen Gipfeln umrahmten das Panorama, vereinzelte Dunstschleier spiegelten sich auf der blauen Oberfläche des Sees. Jedem Betrachter fiel sofort das Wort "Frieden" bei der Bewunderung dieses Meisterwerkes ein.
Das zweite Gemälde schien auf den ersten Blick das genaue Gegenteil dieser Stimmung zu symbolisieren. Auch hier füllte eine Berglandschaft die Leinwand, die Natur aber war karg und rau. Das Gebirge wirkte unwirtlich und kühl. Es toste ein Unwetter, dunkle Wolken und Blitze zuckten über den Himmel. Beim ersten Anschein kein Bild des Friedens.
Blickte man aber näher hin, erkannte man im rechten Drittel des Bildes ein dünnes Gebüsch, das aus einer Felswand herauswuchs. Eine Felszunge ragte über das grüne Gezweig. In diesem Busch hatte ein weiß gefiederter Vogel sein Nest gebaut. Jener Piepmatz hockte trotz tobenden Unwetters in tiefer Gemütsruhe auf seinem Gelege. Der Künstler hatte seinem Werk nur dieses kleine Areal des Friedens gegönnt.
Dann traf der Herrscher seine Wahl ...
Er entschied sich für das zweite Kunstwerk, das Sturmgemälde.
Der Herrscher erklärte: Lasst euch nicht vom ersten Bild in die Irreführen. Wir brauchen weniger einen Frieden unter idealen Bedingungen. In vollkommenen Zuständen fällt es uns leicht, ein friedvolles Gemüt zu finden.
Vielmehr bedürfen wir eines Friedens inmitten hektischer Ereignisse und widriger Lebenslagen. Dieser innere Friede, unabhängig von den äußeren Umständen, birgt Hoffnung auf eine bessere Zeit.
Verfasser unbekannt, nacherzählt von Peter Bödeker
Noch eine Yoga-Geschichte gefällig?
- Gibran: Von der Liebe
- Die Schuld und ihr Zorn
- Aidan Lavette – der unsterbliche Geist
- Der wertvolle Krug
- Wie ein Weiser regiert
- Die Liebe des Guru
Weitere Yoga-Geschichten hier auf Yoga-Welten.de
- Gibran: Von der Freiheit
- Ein Mönch
- Der Hase vor der Möhre
- Giran: Von der Arbeit
- Ohne mit der Wimper zu zucken
- Die Geschichte der drei Siebe
- Die Sicht der Dinge
- Der Vajroli-Meister
- Was ist Frieden? Der Wettbewerb und sein außergewöhnlicher Gewinner
- Gibran - Von der Vernunft und der Leidenschaft
- Der wahre Wert
- Der Weise und der Diamant
- Der Alte am Fenster
- Die Legende von der Christrose
- Wie Santosh zur Zufriedenheit fand
- Gibran: Vom Vergnügen
- Die Brunnenfrösche
- Der König und der Schuster
- Gilbran: Von der Selbsterkenntnis
- Conor und das Geheimnis der wichtigsten Wahrheit
- Wolf und Waldemar im Spiegelkabinett
- Die Geschichte vom vorlauten Spatz
- Abgrund und Wirklichkeit
- Gibran: Von Schuld und Sühne
- Gibran: Vom Geben
- Aidan Lavette und das Zimmer zum wahren Selbst
- Die Angst vor dem Meisterschützen
- Der Mittlere Pfad
- Mantu der Zuversichtliche
- Narada, Krishna und das unergründliche Maya
- Der schlummernde Schatz
- Die Geschichte von Jada Bharata
- Werden und wachsen am Meru
- Narada und die Wald-Yogis
- Die Position des Geistes
- Gibran: Vom Beten
- Der Weise und das Menschenopfer
- Das Wertvollste zuerst
- Ist das Leben schwer oder leicht?
- Beim nächsten Mal klappt es bestimmt
- Zen und der Tod eines Kindes
- Der Zorn des Siddhas
- Es kann mir nichts geschehen!
- Die hilfreiche Präsenz
- Rückblick bei Kerzenschein
- Wolfgang Borchert "Nachts schlafen die Ratten doch"
- Die fünf Phasen der Bewusstheit
- Der übereifrige Dschinn